Aufarbeitung der Jung Hilax 8293 (1938) bei der Waldeisenbahn Muskau

  • Mahlzeit!

    Die liebe Nika wird schon Recht haben, heute macht man das wohl so.
    Ich bin wahrscheinlich einfach zu altmodisch und sollte mir wohl auch mal ein neues Lehrbuch zulegen, in meinem steht nämlich von Schutzbrillen nichts drin:


    Handbuch der Dreherei, August Loß, Giebichenstein-Halle a.S., Jubiläumsausgabe 1920


    In der Kantine gab es auch keine Schutzbrillen, dafür aber was zu warmes zu Essen :D
    Und die 55er Nuss, die der Postbote frisch geliefert hatte.


    Die Kochstelle entspricht dann wohl auch nicht mehr den heutigen Bestimmungen? :crazy1:

    Rainer: Warum gestellt? Späne kann man auch in schwarz-weiß machen :lol:

    Gruß Sven

  • war ja auch mit einem Augenzwinkern gemeint :lol: Klar, die Unfallverhütungsvorschrift soll man(n) nicht außer Acht lassen, schon wegen der "kleinen Teile"
    PS einer sollte Dir mal einen Topf für den warmen "Snack" schenken...
    PPS ich bin ja wie viele andere in Leipzig um die Gute herum geschlichen, bewundernswert Dein Engagement, ihr wieder Leben einzuhauchen. Die Stand-Crew sagt mir, dass sie derzeit nicht "lebt". Gut zu sehen, dass sich dies wohl ändert.

  • Mahlzeit Rainer,

    schon gut :thumbup:
    Nun mal im Ernst: Die Schutzbrille trage ich dann, wenn es wegen der Spanform notwendig. An der Fräse beim Arbeiten mit dem Messerkopf, an der Drehmaschine beim Bearbeiten von Grau- und Buntmetallguss. Beim (Trenn)schleifen sowieso. Ich habe mir rund 10 Jahre lang in einem Werkzeugbaubetrieb als Ferienarbeiter die Grundlagen der konventionellen Zerspanung angeeignet. Da das mehr oder weniger autodidaktisch geschah, habe ich auch heute noch Spaß am Feilen. Was den Arbeitsschutz angeht, so ist ein gesundes Maß an Verstand noch immer der beste Schutz. Es soll ja heute auch Leute geben, die Feilen mit Handschuhen, von da ist es dann nicht mehr weit bis zum Handschuhheizer, aber das führt jetzt zu weit ;)

    Die Maschine ist wie schon richtig angemerkt, derzeit nicht betriebsfähig. Nach dem jetzigen Stand der Nachforschungen war sie zuletzt Anfang der 70er Jahre im Einsatz, allerdings lässt sich das bislang nicht weiter präzisieren, da die meisten Einsatzfotos nicht datiert sind. Gotthard Paul hat die Lok 1971 im Einsatz fotografiert. Unlängst erhielt ich einige Aufnahmen aus Frankfurt, die Hans Galistel aufgenommen haben soll, allerdings ohne Datumsangabe. Anhand einiger Details lässt sich auch nur sagen, dass die Bilder nach 1971 aufgenommen wurden, da ua. schon die hinteren Fenster und das rechte Fabrikschild fehlten. Vermutlich war die Lok noch bis etwa 1974/75 betriebsfähig, der Werkmeister in Bernbruch hat sich sehr um seine Maschinen gekümmert und bis zuletzt unterhalten. Nach Gera soll sie dann jedoch ohne Kesselfrist gegangen sein und kam dann dort auch nicht mehr zum Einsatz.

    Bis die Maschine wieder fährt, wird es noch ein langer Weg sein. In den zurückliegenden Jahren seit 2008 wurde die Lok nach und nach befundet, die Ergebnisse dokumentiert, ein Großteil der Lok als CAD-Modell erstellt. Dazu viel Recherche zu Geschichte von Baureihe und Lok. Hinsichtlich der Aufarbeitung konnte im Wesentlichen bislang nur "Kleinkram" gemacht werden, die großen "Batzen" kommen jetzt erst.
    Der Zeitpunkt der Fertigstellung wird maßgeblich von den personellen Kapazitäten abhängen und letztlich natürlich auch vom Spendenaufkommen.
    Vieles kann ich mittlerweile in eigener Werkstatt selber machen, zudem sind Kontakte zu Unterstützern und Firmen geknüpft.
    Wichtig ist jedoch: der Anfang ist gemacht und jeder Cent zählt!

    Über den Fortgang der Arbeiten werde ich gern weiter berichten.

    Gruß Sven

  • "Henkelmann" sagte man bei uns dazu.

    Hallo zusammen,

    als ich mein Arbeitsleben begann, war Essen aus dem Henkelmann die Alternative zu belegten Broten, damals auch "Stullen" genannt. Lang lang ist es her.

    Viele Grüße
    Jürgen

  • Mahlzeit!

    Weiter geht es mit den Pufferteilen:


    Dieser Winkel war ein abgeschertes Endstück einer Handelslänge und dadurch nicht rechtwinklig. Auf der Presse konnte das zum Glück gerichtet werden. Er verbindet die Zughakenführung mit dem Pufferträger.


    Die Nietlöcher werden auf der Säulenbohrmaschine gebohrt.


    Nun konnten die Einzelteile probeweise montiert werden. Deutlich zu erkennen, die leicht unterschiedliche Ausführung der Flansche der Pufferhülsen. Die linke ist entweder älter oder eine Ersatzfertigung.


    Auf der Fräsmaschine erfolgt nun das Bohren der großen Aussparungen für Pufferstangen und Zughakenführung. Bis 39 mm geht das mittels Spiralbohrer, für
    das Endmaß von 70 mm muss ich dann mit einem Ausdrehkopf arbeiten.


    Am Nachmittag konnte die einen Satz nachgeschliffene Kegelsenker abholen, danke an die Messer- und Werkzeugschleiferei Pophal in Dresden für die gute Arbeit. Die Senker habe ich vor längerer Zeit bei einer Werkstattauflösung zum Schrottpreis erworben und erst einmal eingelagert. Nun, wo sie gebraucht werden, bedurfte es jedoch etwas Zuwendung, denn nichts ist schlimmer, als stumpfe Schneidwerkzeuge.

    Gruß Sven

  • Hallo Sven,

    nochmal meine Hochachtung für deine bisherigen Arbeiten an dieser Maschine.
    Die Aufarbeitung verschlissener Teile ist aber nur ein Aspekt zur Wiederinbetriebnahme.
    In weitgehender Unkenntnis der Geschichte dieser Lok und ihres Betriebsdienstes muß ich
    aber mal fragen:
    Was ist mit dem Kessel und der Dampfmaschine? Ist der Kessel überhaupt betriebsfähig?
    Und in den Zylindern sieht oder sah es doch sicher ähnlich aus wie in den Federhülsen der Puffer?
    Was ist da bisher gemacht worden und was ist vorgesehen? Wie ist der Stand am Fahrwerk (Achslager)?
    Gibts da ein Programm zur Aufarbeitung und einen Träger, der das alles koordiniert?

    Gruß, Peter

  • Mahlzeit Peter,

    Der Kessel wurde im Februar 2017 von einem Sachverständigen untersucht und Wanddickenmessungen durchgeführt. Er bescheinigte dem Kessel einen insgesamt guten und aufarbeitungswürdigen Zustand. Es sind lediglich die 20 Deckenstehbolzen zu wechseln, da diese die bei Kupferfeuerbüchsen typischen Abzehrungen oberhalb der Feuerbüchsdecke zeigen. Der Rohrsatz ist zwar noch nicht so schlecht, wie man nach 4 Jahrzehnten Abstellzeit vermuten würde, im Rahmen einer Hauptuntersuchung versteht sich der Wechsel jedoch von selbst.

    Soweit bekannt ist der Kessel noch weitgehend original, Flicken sind nicht vorhanden. Da die werkseigene Kesselschmiede jedoch bis in die 70er Jahre hinein fast alle Arbeiten selbst ausführte, ist nicht auszuschließen, dass Teile des Kessels mal erneuert wurden. Insbesondere der Neubau von Feuerbüchsen aus Kupfer bis in die 60er Jahre und später solcher aus Stahl ist nachgewiesen. Wegen des sehr guten Zustandes der Feuerbüchse des Hilax-Kessels ist davon auszugehen, dass es sich nicht mehr um die ursprüngliche von 1938 handelt, sondern um einen späteren Neubau. Die zugehörigen kupfernen Seitenstehbolzen zeigen keinerlei Abzehrungen. Die genannten Kesselarbeiten müssen natürlich in einer Fachwerkstatt ausgeführt werden.

    Die Armaturen habe ich in der Vergangenheit schon zum Teil aufgearbeitet, lediglich Sicherheitsventile und Regler sind noch unangetastet. An vielen Teilen brauchte außer einer Reinigung nichts weiter getan werden, da keinerlei Verschleiß vorhanden war. Auch das spricht für eine Unterhaltung der Lok bis zur Einstellung des Betriebes 1976.
    Die Kesselverkleidung ist teilweise zu erneuern.

    Die Zylinder befinden sich insgesamt in einem guten Zustand, sie waren all die Jahre gut mit zähem Öl konserviert. Die Vermessung der Zylinderbohrung ergab jedoch eine Rundheitsabweichung außerhalb der Toleranz, so dass man um ein Ausbohren nicht herumkommt. Die Schieberspiegel und Flachschieber sind in Ordnung.
    Das Fahrwerk selber zeigt in erster Linie Verschleiß durch den rauen Steinbruchbetrieb, die Kuppelzapfen sind stark verschlissen und riefig. Die Stangenlager sind vollständig aus Rotguss und zum Teil aufgelötet. Will man es ordentlich machen, müssen sie erneuert werden. Gleitbahnen und Kolbenstangen sind von der langen Abstellzeit im Freien stark korrodiert, aber auch das ist kein Hexenwerk. So lassen sich die Kolbenstangen zum Beispiel durch Metallspritzen günstig regenerieren und dabei mit einer Hartchromersatzschicht vor erneuerter Standkorrosion schützen. Damit haben wir bereits gute Erfahrungen gemacht.

    Die Radsätze haben noch genug Fleisch zum Überdrehen, sämtliche Profilmaße liegen aber noch innerhalb der Toleranzen. Die mit nach Gera gelieferten Ersatzradreifen sind leider irgendwann nach der Wende entsorgt worden ;) Die Lok wurde nach Ankunft bei der WEM ausgeachst und untersucht, die Lager sind in brauchbarem Zustand, was Tragbild und Spiele angeht. Da die WEM selber Achslager ausgießt, ist das auch kein großes Problem, Bohren kann ich sie auf der Fräsmaschine. Für das Auspressen der Zapfen müssen noch ein paar Vorrichtungen gebaut werden, in unserem Museumsbahnhof steht noch die Radsatzpresse aus dem Waldbahnhof Krauschwitz. Wenn die Mittel reichen, kann man sowas natürlich auch vergeben. Mich reizt jedoch immer auch die Herausforderung des Selbermachens :)

    Der Stangensatz ist keine besondere Herausforderung, ein paar Stangenköpfe aufschweißen und mechanisch bearbeiten. Neue Bolzen und das Ausbuchsen der äußeren Steuerung ist eine Standard-Prozedur.

    Am Rahmen sind einige Arbeiten erforderlich, im Bereich des Rahmenwasserkastens müssen die Bodenbleche erneuert werden, stellenweise beträgt die Wanddicke dort nur noch 2 mm. Der Führerhausfußboden ist stellenweise durchgerostet. Am Führerhaus sind die Kohlekästen und der untere Teil der Rückwand neu zu beblechen. Erfahrungen im Nieten solcher Teile habe ich bereits an einer baugleichen Lok gesammelt.

    Es handelt sich wie bereits erwähnt, um ein langfristiges Projekt, bei dem viel in Eigenregie ausgeführt wird. Als Lokverantwortlicher habe ich eine umfangreiche Befundungsliste aufgestellt, nach der die Arbeiten nach und nach ausgeführt werden. Basis sind dafür natürlich die einschlägigen Instandhaltungsvorschriften, Regelwerke der WEM und die Bo P.
    Ziel ist es den äußeren Zustand der 70er Jahre wiederherzustellen und die Besonderheiten der Lok aus dem Steinbruchbetrieb zu erhalten, jedoch bei voller Einsatzfähigkeit auf der WEM.

    Gruß Sven

  • Hallo Sven,
    ich danke dir für die Mühe, die du dir für die Beantwortung meiner Fragen gegeben hast.
    Als gelernter Lokschlosser fühle ich mich bei deinen Beiträgen stark an die damalige Zeit
    erinnert und kann jeden einzelnen Arbeitsschritt nachvollziehen.
    Ich wünsche dir Mut und Ausdauer, um dieses Projekt bis zum Ende durchzustehen.
    Und vor allem noch so manchen informativen Bericht hier im Forum!

    Gruß, Peter

  • Mahlzeit!

    Der Pufferträger konnte nun fertig bearbeitet werden:


    Bohren weiterer Durchbrüche auf der Fräsmaschine.


    Nach dem Entgraten ist der Pufferträger bereit zum Vernieten. Die Nietarbeiten sollen nun Ende des Monats stattfinden.


    Probemontage der restlichen Einzelteile.


    Bei einem Kurzbesuch in Weißwasser konnten die ersten beiden Reinigungsschrauben wieder an ihren Platz gebracht werden,
    hier die lange in der Rauchkammerrohrwand.


    Die ausgebauten Reiningungsschrauben gehen nun zur Aufarbeitung in meine Werkstatt.


    Die Manometerleitung zwischen Prüfdruckmesserhahn und Manometer ist aus zu dünnem Kupferrohr 10x1 gefertigt und besaßt nur gebördelte Dichtflächen, sie wurde daher zum Nachbau demontiert.


    Die neue Manometerleitung wird dann aus Kupferrohr 10x2 gefertigt und bekommt angelötete Rotguss-Überwurfnippel.

    Gruß Sven