Moin,
ich habe mich entschlossen, diese Thematik aus dem Thread "De Reis na Noordfreesland" auszugliedern und hier eigenständig zu behandeln. Die Zeiten des Torfabbaus in Holstein gehen unaufhörlich ihrem Ende entgegen. Grund genug, um diese für die Region bedeutende Industrie zu würdigen. Einige Torfwerke haben ihren Betrieb schon eingestellt, die zugehörigen Bahnen sind teilweise verschwunden.
Folgende Torfwerke verfügen bzw. verfügten über entsprechende Feldbahnen:
- Torfwerk Himmelmoor Quickborn
- Torfwerk Westerhorn (Anton-Günther Meiners)
- Torfwerk Schülp (Anton-Günther Meiners)
- Torfwerk Westerhorn (Ernst Karl)
- Torfwerk Dellstedt
Eine Sonderstellung nimmt die Moorbahn in Bad Bramstedt ein, welche dem Transport des Moores zwischen Abbaugebiet und Kurklinik diente. Außerdem gab es in deren Nähe, nämlich in Großenaspe, bis in das Jahr 1973 eine weitere Torfbahn.
Zunächst möchte ich hier die Beiträge zur Beschreibung der einzelnen Bahnen bündeln und den Thread natürlich auch mit Bildern anreichern.
Torfwerk Dellstedt (Dieter Ehlers)
Die Feldbahn führt vom Lokschuppen am Torflagerplatz vorbei und überquert in einem Bogen den Bach Herkmenau. Nun führt sie geradlinig über das Grundstück des Torfwerkes, wo sich auch Torfverladestelle für den Transport auf LKW befindet. Diese gerade Strecke ist knapp 300 Meter lang. Nun beschreibt die Strecke einen leichten Rechtsbogen und teilt sich nach etwa 50 Metern in einen geradeaus führenden etwa 50 Meter langen Ast und einen im starken Linksbogen ins Abbaugebiet führenden 100 Meter langen Ast. Die Gesamtlänge der heutigen Feldbahnanlage beträgt somit etwa 550 Meter.
Im Bereich Dellstedt wird seit Mitte des 18. Jahrhunderts Torfabbau betrieben. Mit Bau der Kreisbahn Norderdithmarschen wurde auch nördlich von Dellstedt ein Torfwerk errichtet, welches über eine Feldbahn mit dem Bahnhof Dellstedt verbunden war. Schon im Jahr 1916 wurde dieses Torfwerk aber aus wirtschaftlichen Gründen wieder geschlossen. Mit der Bahn wurden zur Kultivierung des Moores große Mengen Dünger und Kalk in das Moor gefahren. Erst ab Beginn der 1970-er Jahre begann man mit Renaturierungsmaßnahmen. Die Entwässerungsgräben wurde verschlossen, um das Wasser wieder im Gebiet zu halten und Moorschnucken beweiden das Gebiet, um das Pfeifengras zurückzudrängen. In der Folge breiteten sich typische Moorpflanzen wie Sonnentau, Wollgras und Moorlilie wieder aus. Bekassine und Blaukehlchen haben hier wieder Lebensräume gefunden. Heutzutage stehen große Teile des Dellstedter Birkwildmoors, welches sich aus dem Oster- und dem Nordermoor zusammensetzt, unter Naturschutz.
Das Torfwerk von Dieter Ehlers wird seit Anfang der 1970-er Jahre betrieben und befindet sich östlich des Ortes. Als Besonderheit wird mit Kipplorenzügen gefahren. Die Strecke weist schweres Schienenprofil auf. Das hat seinen Grund darin, dass schwere Dieselloks des Typs Ns2f eingesetzt werden, die trotz abgebauter Ballastgewichte immer noch einen Achsdruck von drei Tonnen haben. Dafür kann wegen des schweren Oberbaues mit hoher Geschwindigkeit im dritten Gang gefahren werden. Früher wurde im Zweizugbetrieb gefahren, heutzutage wird der Betrieb in bescheiderenem Umfang geführt. Ein Anachronismus ist, dass man die letzten im regulären Einsatz befindlichen DDR-Feldbahnloks des Typs Ns2f in Dithmarschen findet, obwohl es vor der Wende keine dieser Loks in den Westen Deutschlands geschafft hatte. Und so tun die letzten Exemplare heute in Dellstedt beim Torfwerk Ehlers Dienst, wo noch 3 Exemplare vorhanden sind. Insgesamt fanden in den Jahren 1993 und 1994 vier Loks den Weg nach Dellstedt, wovon eine Lok schon im Jahre 2008 als Ersatzteilspender diente. Sie kam aus dem Ziegelwerk in Möllenhagen. Die beiden Ns2f von der aufgelassenen Überlandstrecke der Torfbahn im mecklenburgischen Gubkow sind aber noch vorhanden, genau wie die Ns2f, welche vom Ziegelwerk in Malliß übernommen werden konnte. Ebenfalls aus DDR-Beständen wurden die Kipploren übernommen und so muss der Feldbahnfreund heutzutage nach Holstein fahren, um regulären Feldbahnbetrieb mit Fahrzeugen aus DDR Produktion erleben zu können.
- Hersteller: LKM, Typ: Ns2f, Fabriknummer: 048441, Baujahr: 1953, ehemals Ziegelwerk Malliß -> Anfang der 1990-er Jahre zum Torfwerk in Dellstedt
- Hersteller: LKM, Typ: Ns2f, Fabriknummer: 248637, Baujahr: 1955, ehemals Wohnungsbaukombinat Rostock BT Greifswald -> 1970 zur Bahn des Torfwerkes in Gubkow -> September 1994 zum Torfwerk in Dellstedt
- Hersteller: LKM, Typ: Ns2f, Fabriknummer: 262001, Baujahr: 1958, ehemals Wohnungsbaukombinat Rostock BT Greifswald -> 1970 zur Bahn des Torfwerkes in Gubkow -> September 1994 zum Torfwerk in Dellstedt
- Hersteller: LKM, Typ: Ns2f, Fabriknummer: 262502, Baujahr: ?????, ehemals Ziegelwerk Möllenhagen -> März 1993 zum Torfwerk Dellstedt -> diente als Ersatzteilspender
Außerdem waren beim Torfwerk in Dellstedt noch 2 Jung-Lokomotiven und 3 UNIO-Lokomotiven vorhanden. Leider entzieht sich meiner Kenntnis, ob diese Lokomotiven noch vorhanden sind.
Torfwerke Westerhorn (Anton-Günther Meiners / Ernst Karl)
Anton-Günther Meiners eröffnete im Jahre 1959 ein Torfwerk. Das große und recht stilvolle Werk lag am nördlichen Ortsrand von Westerhorn. Hier gab es umfangreiche Betriebs-, Umfahr- und Abstellgleise sowie einen großen Lokschuppen, in dem die Streckenlokomotiven übernachteten. Die aus dem Moor kommenden Züge befuhren am Werk eine Gleisschleife, ähnlich einer Straßenbahn. Früher führte sogar eine Strecke weiter bis zum Bahnhof Dauenhof.
Ausgehend vom Werk führte eine längere Überlandstrecke meist parallel zu einem Feldweg und passierte dabei auch einen größeren Bauernhof. Kurz darauf wurde das Torfwerk Ernst Karl passiert, dessen Gleisnetz an das von Meiners durch ein Ende 2007 neu errichtetes Gleisdreieck angebunden wurde. Das Torfwerk von Ernst Karl hat im März 1984 den Betrieb aufgenommen. Es bestand aus einer Verladeanlage (aufgebaut aus Containern und einem alten Güterwagen als Schuppen) und einer kurzen
Feldbahnstrecke entlang eines Feldweges zum Abbaugebiet. Mit der Verbindung der beiden Feldbahnen wurde das Torfwerk von Ernst Karl aufgegeben. Die Stammstrecke des Torfwerkes Anton-Günther Meiners führte unterdessen geradeaus weiter, erreichte einen zweigleisigen Bahnhof und bald darauf einen weiteren siebengleisigen Übergabebahnhof am Rande des Moores, bevor das Hauptabbaugebiet erreicht wurde. Im Moor gab es einen modernen, im Jahr 2007 neu errichteten Lokschuppen, in dem während der nächtlichen Betriebspause die im Moor eingesetzten kleineren Lokomotiven untergestellt waren. Von hier aus führten mehrere Stammstrecken in das großflächige Abbaugebiet hinein. Von den Stammstrecken wurden bei Bedarf Stichgleise in die Abbaufelder verlegt. Neben den zahlreichen Gleisen im Hauptabbaugebiet gab es dann vor allem noch eine längere, landschaftlich sehr reizvolle Strecke zum Abbaugebiet Auufer. Sie führte durch Wiesen, Felder, kleine Waldstücke und folgte teilweise einem baumbestandenen Kanal. Hier kreuzte auch die Straße von Westerhorn nach Westermoor die Strecke. Im Auufer gab es abermals eine besetzte Dienststelle mit Lokschuppen. Die Strecke zum Auufer wurde schon im Jahre 1995 aufgegeben und nachfolgend abgebaut.
Im August des Jahres 2008 wurde der Torfabbau bei der Firma Anton-Günther Meiners aufgegeben, da das Torfwerk als veraltet angesehen wurde und die Produktion zum weiteren Standort in Borstel (nahe Nienburg/Weser in Niedersachsen) verlagert wurde. Die Feldbahn wurde nachfolgend abgebaut. Da die Firma Ernst Karl weiterhin Torf in Westerhorn abbaut, wurde deren Torfwerk reaktiviert und Ernst Karl kaufte 3 Lokomotiven von der Firma Meiners. Im Jahr 2011 wurde sämtliche Anlagen des Torfwerkes Meiners abgerissen und auf dem Gelände eine Solaranlage errichtet.
Bei den Lokomotiven des Torfwerkes Ernst Karl handelt es sich um folgende Maschinen:
- "9" Diema, 2123/1958, DS14, Bdm, 15 PS, 2.8 t, grün, offen (13.02.1958 an Ziegelei Jütting, Coldeborgersiel)
- "15" Diema, 2196/1958, DS28, Bdm, 28 PS, 3.5 t, grün, offen (02.12.1958 an Oberoher Kieselgurwerke, Oberohe Kr. Unterlüß)
- "56" Diema, 2563/1962, DS20, Bdm, 22 PS, 3.3 t, grün, offen (12.10.1962 an Schöninger Ton- und Hohlsteinwerke, Schöningen b. Braunschweig)
Die heutige vom Torfwerk Ernst Karl ausgehende Feldbahn hat eine Länge von etwa 400 Meter. Vom Stammgleis zweigen 2 Gleise in das Abbaugebiet ab. Das Stammgleis endet in einem zweigleisigen Abstellbahnhof.
Viele Grüße, René