Hallo liebe Freunde der schmalen Spur,
nachdem ich Euch letztens nach Mügeln entführt habe - Oschatz - Mügeln in den 80ern, geht nun unsere Reise durch Sachsen weiter. Den Zeitraum fasse ich gleich von Vornherein bis 1990 und hoffe, dass Euch Bilder und Bericht trotz der technischen Unzulänglichkeit gefallen.
Für Freunde der Fototechnik unter Euch, einige Sätze zu meinen Fotoapparaten.
Ungefähr mit 14 Jahren bekam ich eine russische Vilia-Kamera geschenkt. Das Ding war völliger Schrott. Das Objektiv mit einer Brennweite von um die 40 mm (also Weitwinkel) glänzte durch erhebliche Abbildungsfehler und sehr krasse Randunschärfe. Ihr werdet es auf den Fotos sehen. Die Aufwickelspule war nicht tief genug im Gehäuse versenkt, so dass der aufgewickelte Film nach etwa 20 Aufnahmen beim Spannen immer die Andruckplatte anhob, wodurch das Zahnrad zum Fördern des Films unwirksam wurde und die Perforation zerschnitzelte. Ein ordentlicher Filmtransport war nun unmöglich und die Kamera nahm nun Bild für Bild an einer Stelle auf. Ihr könnt Euch denken, wie groß die Freude nach dem Entwickeln war. Kurzum, die Kamera war unbrauchbar.
So bekam ich mit etwa 15 Jahren, also im Jahr 1985 eine gebrauchte und ziemlich alte Werra-Kamera von meinem Vater. Die war soweit in Ordnung, besaß eine Zeiss-Optik und man konnte eigentlich ordentliche Fotos damit machen, wenn sich nicht eine gewisse Altersschwäche auch bei ihr eingestellt hätte, die ich zunächst gar nicht bemerkte. Der Verschluss wurde mit der Zeit immer ungenauer, sprich langsamer. Die eingestellten Belichtungszeiten konnte er nicht einhalten und belichtete immer länger. Die nun von mir immer häufiger verwendeten Diafilme verlangten aber eine genaue Belichtung. Es gelangen nur noch Dias, die eigentlich völlig falsch eingestellt waren. Es war Zufall. Dazu kam, dass die Andruckplatte bzw. der Belichtungsschacht ab 1987 irgend welche Grate besaß, die mir die Filme zerkratzten.
Es musste Ersatz her und Ende 1987 konnte ich endlich mit meiner ersten Praktica MTL 5B fotografieren, was aber leider nicht automatisch für fehlerfreie Fotos sorgte.
Verzeiht mir also, wenn nicht alles so perfekt ist.
Mein Hauptaugenmerk lag - wie immer damals - mal wieder auf der Lok. Darum sind Züge oft abgeschnitten.
Steigt also ein und kommt mit auf die erste Traditionsbahn der Deutschen Reichsbahn.
Mein erster Besuch im Oktober 1985 war fotografisch eine wahre Enttäuschung. Ich habe dort so gut wie alles versaut, was versaut werden konnte. Darum brachte ich nur sehr wenige Fotos mit nach Hause, wovon diese Szene mit der in Radeburg abfahrbereiten 99 781 den Auftakt bilden soll. Es gab in Radebeul eine Besonderheit. Zum Schutz vor Zerstörung durch den Kohlehunt wurden die hinteren Spitzenlichter gern unter dem Laufbrett angebracht. Die hinteren Nummernschilder fehlten zudem häufig, wie hier auch an 99 781 sichtbar.
Gestern habe ich sie übrigens noch gefahren. 99 781 ist heute eine Lok der RüBB.
In Radebeul Ost ist die Lok mit ihrem Zug angekommen und rangiert nun zum Heizhaus, das zu dieser Zeit eingerüstet war. Im Hintergrund macht der Heizer die 99 793, an diesem Tag zweite Lok im Umlauf, für die Streckenfahrt stark. Der Schornstein des Arzneimittelwerk Dresden im Hintergrund bestimmte wieder einmal die Silhouette am Bahnhof Radebeul Ost.
Schon 1968 begannen Eisenbahnfreunde in Radebeul historische Schmalspurwagen zu sammeln und zu pflegen. Dazu kam zunächst die IV K 99 535, die anschließend in das Verkehrsmuseum Dresden umzog. Dies bildete den Grundstock der Fahrzeugsammlung und wurde maßgeblich von dem Dresdner Eisenbahner und Eisenbahnfreund Fritz Hager initiiert, der weitsichtig wie er war, die Bedeutung dieser einmaligen Fahrzeuge als Andenken an die Frühzeit der sächsischen Schmalspurbahnen erkannte. Nachdem schon 1968 und 1971 in Radebeul Ost Fahrzeugausstellungen mit historischen, aber damals oft noch im täglichen Einsatz erlebbaren Lokomotiven organisiert worden waren, gründete sich im Modelleisenbahnverband DMV die Arbeitsgemeinschaft 3/58, die 1974 den Traditionsbetrieb auf der Schmalspurstrecke Radebeul Ost - Radeburg aus der Taufe hob. Aus Mügeln wurde die IV K 99 539 nach Radebeul Ost versetzt und mit einem Wagenpark aus alten Vierachsern ein Traditionszug gebildet, der an ausgewählten Tagen unter Begleitung durch die Eisenbahnfreunde der AG 3/58 eine Zeitreise anbot. Fahrgäste in historischer Kleidung waren genauso willkommen, wie Eisenbahnfreunde mit Fotoapparat. Im Fahrplan standen immer auch Fotohalte und Scheinanfahrten. Waren die Fahrzeuge zunächst von den täglich eingesetzten noch kaum zu unterscheiden, versetzte man sie nach und nach in einen historischen Zustand. Die Lok wurde grün und im Bild der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen gestaltet. Auch der Wagenpark wurde dieser Epoche angeglichen, während 1979 (?) ein zweiter Zug im Zustand der DRG mit der damals letzten betriebsfähigen Nachbau-VI K 99 713 gebildet wurde. Ab 1986 stand mit kurzzeitig 99 568 (Freital-Hainsberg) und dann mit 99 561 auch eine IV K im DR-Zustand für die Traditionszüge bereit.
Ich hatte es natürlich auch auf diesen Traditionsbetrieb abgesehen, der mir aus Büchern und Zeitschriften schon bekannt war. Das Kursbuch der DR druckte die geplanten Fahrtage und den Fahrplan jeweils ab. Fahrkarten gab es in Radebeul Ost am Schalter, notfalls auch am Zug. Es konnte also losgehen.
99 539 am 19.Juli 1986 vor dem Heizhaus in Radebeul Ost. Innen ist die schilderlose 99 713 zu erkennen, die nicht so häufig zum Einsatz kam. Rechts hat man die 99 794 kalt abgestellt.
Die Lok wurde in den 60ern umfassend erneuert und damit auch optisch verändert. Die Traditionsbahner hatten inzwischen versucht, nicht nur die Farbe, sondern auch einige Einzelteile dem Ursprungszustand anzunähern.
Offenbar hatte ich Vilia und Werra parallel im Einsatz, so dass gleichzeitig auch Schwarzweißfotos entstanden, wie hier der abfahrbereite Traditionszug am Bahnsteig in Radebeul Ost. Man konnte die Abfahrt nicht verpassen. Ein Traditionsbahner läutete mit einer Handglocke rechtzeitig vorher und forderte zum Einsteigen auf.
Nehmen wir uns also die Zeit und schauen wir noch kurz nach den historischen Fahrzeugen.
Da war mir natürlich die zweite bei der DR erhaltene Nachbau-VI K ein Foto wert. 99 715 führte die Reihe der historischen, meist aber nicht betriebsfähigen Wagen an. Sie war damals nicht betriebsfähig und nur äußerlich aufgearbeitet. Rechts marschiert der damalige Vorsitzende der AB 3/58 Claus Burghardt forschen Schritts ins Bild. Zeit, wieder den Traditionszug aufzusuchen.
Natürlich gab es auch an den Fahrtagen des Traditionszuges ganz normalen Betrieb mit damals zwei Planloks der BR 99.77-79. 99 787 rangiert hier auf den umfangreichen Gleisanlagen des Bf. Radebeul Ost.
Nun wird es aber Zeit, die Glocke ertönt.
Ob wir noch irgendwo gehalten haben? Ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls mussten wir in Friedewald Bad halten, denn der Planzug kam aus Radeburg entgegen.
Wechsel der Kamera...
Der Planzug war mit 99 779 bespannt und wartete in Friedewald Bad auf das Abfahrsignal.
Wie immer wurde auch in Moritzburg ein Halt eingelegt. Auch wenn mich der Betonmast der Pfeiftafel etwas stört, will ich Euch dieses Foto der wichtigsten Zwischenstation nicht vorenthalten.
Was wäre ein Traditionszug ohne Scheinanfahrt und so schwärmten auch bei Cunnertswalde zahlreiche Fahrgäste aus, um ihr Foto vom Zug zu machen, der in offenbar rasantem Tempo davon fuhr. Mir war es damals offenbar gar nicht wichtig, die Menschen auszublenden.
Nach der Ankunft fand sich die Lokomotive bald vor dem Heizhaus ein. Pause für Personal und Lok. Ich glaube, dass ich mit meinem Freund damals die Innenstadt von Radeburg erkundete.
Kurz vor der Abfahrt in Radeburg traf der Güterzug mit 99 787 ein, die ich nicht vernünftig fotografiert habe. In Moritzburg kreuzten wir wiederum mit 99 779, der ich auch ein Foto widmete.
Wenn ich Euch auch kein Foto des Güterzuges von 1986 bieten kann, so möchte ich Euch zumindest die identische Situation im Sommer 1987 zeigen, als ich noch einmal den Traditionszug nutzte. 99 788 hat den Güterzug gebracht, der auch wieder Fracht für das Schamottewerk dabei hatte, das über eine Anschlussbahn an den Bf. Radeburg angeschlossen war.
Aber bitte, wer hat diese Lampe an der Rauchkammertür verbrochen? Das ging ja gar nicht. Seltsame Idee. Dort musste extra eine Halterung angebracht werden. Ich fand und finde es hässlich.
Zuglok an diesem Sommertag 1987 war die 99 561, einige Monate zuvor letzte Planlok der Preßnitztalbahn und nun zusätzliche Traditionslok in Radebeul Ost. Das stand ihr sehr gut, auch wenn der an diesem Tag gefahrene Zug etwas kürzer war. In Moritzburg wird wieder eine Kreuzung abgewartet, von der ich aber keine Fotos besitze.
Nach der Ankunft in Radebeul Ost nimmt sich das Lokpersonal noch Zeit, die aussteigenden Fahrgäste in Augenschein zu nehmen. Die 99 561 sollte bis 1990 in diesem Dienst bleiben und gelangte dann nach Mügeln. In Radebeul Ost tauchte dann 99 574 als schwarze IV K auf, aber das liegt außerhalb unseres Betrachtungszeitraums.
1989 feierte die angrenzende Leipzig - Dresdner Eisenbahn ihr 150. Jubiläum. Der Geburtstag der ersten Fernbahn Deutschlands wurde nicht nur mit der allseits bekannten Fahrzeugparade in Riesa, sondern auch mit je einer großen Fahrzeugschau in Leipzig und Radebeul Ost gewürdigt.
Mit meinem Freund Uwe reiste ich nach Radebeul Ost, wo auch unsere 99 4633 und der Stralsunder VT 137 099 ausgestellt waren. Fotografisch interessierte mich die Schmalspur diesmal weniger. Es entstanden aber Fotos, von denen ich einige zeige.
Hierhin kommt der normale Fahrgast natürlich nicht. Die ausgedehnten Gleisanlagen hinter dem Heizhaus sind vom Bahnsteig aus nicht einsehbar. Aber im Rahmen der Fahrzeugausstellung war man in Radebeul sehr kulant und ließ Eisenbahnfreunde auch abseits des Ausstellungsgeländes gewähren. 99 793 bekommt hier gerade frische Kohle. In Radebeul Ost dient dazu, genau wie vielerorts, ein Einheitskohlekran, der ebenso vereinheitlichte Kohlehunte anheben und in den Kohlekasten entleeren konnte. Die Hunte mussten entweder von Hand vollgeschaufelt, oder später über einen kleinen Hochbunker mit Schütte befüllt werden.
Jetzt war natürlich auch 99 713 angeheizt und im Sonderdienst unterwegs. Ihr Personal unterhält sich gerade mit einem tschechischen Eisenbahner, der mit einer der Gastloks angereist war. Mit dem Kaffeebecher Hans Galistel, damals der "Mister 99 713". Kaum ein Fahrtag der Lok lief ohne ihn über die Bühne. Galistel war wohl der bekannteste Lokführer der Lößnitzgrundbahn, wie die Bahn schon damals im Volksmund genannt wurde.
Neben 99 793 war 99 788 wieder zweite Planlok. An Stelle der merkwürdigen Lampe hatten die Eisenbahner jetzt ein hölzernes Flügelrad angebracht, deutlich ansprechender, wenn auch ungewöhnlich.
Die 99 788 übernahm jetzt Rangieraufgaben, wobei ihr hinteres Lokschild auffiel. Sie hatte ein mit Schablone gemaltes Schild bekommen, wie es in der Endzeit auch viele Dampfloks der Regelspur besaßen. Auf Schmalspur habe ich das aber nur hier gesehen.
Eine Zugfahrt nach Radeburg haben wir offensichtlich auch unternommen, an die ich mich aber nach fast 30 Jahren nicht näher erinnern kann. Auf jeden Fall war auch 99 561 wieder im Traditionszugdienst, wie diese Ansicht aus Radeburg beweist. Weitere Motive von diesem Ausflug nach Radeburg gibt es nicht. Ich vermute, wir wollten einfach nur eine Fahrt genießen.
Alle Fotos: Achim Rickelt
es geht gleich weiter...