Hallo liebe Freunde der schmalen Spur,
nach unseren Ausflügen ins Preßnitztal, nach Mügeln und zur Traditionsbahn Radebeul möchte ich Euch heute die Weißeritztalbahn in den letzten Jahren der DDR vorstellen.
Auch hier dürft Ihr keine fotografischen Meisterleistungen erwarten. Es waren zunächst Ausflüge eines 15 bzw. 16jährigen Schülers. Es ist vor allem für die letzten beiden Kapitel meines Exkurses in die Vergangenheit einiges Material vorhanden, so dass ich das Thema teilen möchte.
Von der Weißeritztalbahn sprach man damals eigentlich noch nicht. Jedenfalls ist mir dieser Begriff nicht bewusst begegnet. Die Strecke Freital-Hainsberg - Kurort Kipsdorf war in der Berichterstattung des Modelleisenbahner und in diversen Büchern damals aber doch allgegenwärtig. Ende der 80er sollten hier die ersten Streckendieselloks Einzug halten, ein Termin, der letztlich in der Form nie realisiert werden konnte.
Für mich waren Verwandtenbesuche in Dresden natürlich die perfekte Ausgangslage, auch dieser Schmalspurbahn einen Besuch abzustatten. Im Oktober 1985 nutzte ich die Gelegenheit zum ersten Mal. Mit der S-Bahn war Hainsberg einfach erreichbar und so konnte ich mich hierhin auch allein auf den Weg machen. Das Kursbuch versprach eine günstige Vormittagsverbindung in die Berge, mit der ich am Abend rechtzeitig zurück sein sollte. Also auf nach Hainsberg. Ich lade Euch ein.
Neu in Freital-Hainsberg, sah ich mich erst einmal auf dem Bahnsteig um. In den Güterverkehrsanlagen konnte ich 99 746 beim Rangieren erblicken, nicht aber vernünftig fotografieren. Im Bereich des Heizhauses waren zwei Neubauloks erkennbar. Welche sollte nun meinen Zug - der schon am Bahnsteig bereitstand - ins Gebirge ziehen? Nach einiger Zeit rollte 99 786 auf mich zu. Diese Neubaulok besaß damals als letzte ihrer Baureihe noch Tritteinpolterungen seitlich im Kohlenkasten. Diese werksseitig eingebauten Aufstiege waren bei allen anderen Schwesterloks längst entfallen. Man konnte über die rückseitigen Leitern viel bequemer aufsteigen. 99 786 rollte aber wieder zum Heizhaus zurück, setzte also nur von einem zum anderen Gleis um. Für mich war also die im Hintergrund sichtbare Lok reserviert.
Diese Leistung sollte also 99 791 übernehmen, die an den Zug rangierte. Viel später konnte ich erfahren, dass dieser Vormittagszug die traditionelle Leistung des Lokbahnhof Kipsdorf war. 99 791 wurde hier also hauptsächlich von Personalen aus Kipsdorf besetzt und übernachtete dort. Anders als in Radebeul Ost, hatte man auf dieser Strecke damals keinen Heizschlauch vor der Rauchkammertür montiert. Mir gefiel das wuchtige Aussehen des dicken Schlauches an der Lokfront damals eigentlich recht gut.
Kurz vor der Abfahrt erreichte noch ein Zug den Bahnhof. Meine sehr schlechten Fotos dieser Einfahrt zeige ich Euch aber nicht. Es zog diesen Zug die 99 776.
Mit 99 791 sollte ich im Sommer 1991 ausgiebig Bekanntschaft schließen. Bei uns auf Rügen sah sie aber bei weitem nicht so schön aus, wie hier 6 Jahre zuvor. Ohne Schilder, mit ausgeblichenem oder verschmutztem Anstrich, half sie auf Rügen einen akuten Lokomotivmangel zu beheben. Immerhin - Kessel und Dampfmaschine waren sehr willig und die Lok wurde von den Personalen des Lbf. Göhren gern gefahren. Aber zurück zur HK-Linie (sächsische Bezeichnung) und zurück in den Oktober 1985.
Unterwegs fotografierte ich nicht weiter, machte aber im Fahrplan einen Kreuzungsaufenthalt in Seifersdorf aus, wo ich mich auch traute, aus dem Zug zu steigen. Der Zugführer hat die Einfahrweiche aus der Gegenrichtung schon umgestellt. Der Lokführer lässt es sich noch schmecken.
Die Strecke wurde im vereinfachten Nebenbahndienst betrieben. Das bedeutet, dass im Buchfahrplan (bei Abweichungen in schriftlichen Befehlen) die Durchführung der Zugkreuzungen geregelt war. Heute heißt dieses Betriebsverfahren Zugleitbetrieb und funktioniert sinngemäß. Ein Zug fährt also in den Bahnhof ein. Dessen Zugpersonal sorgt für die richtige Weichenstellung. Der zweite Zug muss derweil vor der Trapeztafel warten und wird nach Zustimmung des Zugführers von der im Bahnhof wartenden Lok hineingepfiffen. Mit dem Pfeifsignal "Kommen" - Lang - Kurz - Lang - wird dem wartenden Lokführer der Auftrag zur Einfahrt übermittelt. Ist auch der zweite Zug im Bahnhof, setzt der Zugführer die Zuglaufmeldung an den Zugleiter ab und holt sich die Fahrerlaubnis für beide Züge zur Weiterfahrt bis zur nächsten im Fahrplan festgelegten Zuglaufmeldestelle. Nach Ausfahrt des kreuzenden Zuges müssen die Weichen in Grundstellung gebracht werden und der Zug kann seine Fahrt fortsetzen. Wir sehen auf diesem Bild das Hereinpfeifen des zweiten Zuges mit der Lokpfeife. Aus Kipsdorf fuhr dann 99 773 ein. Das Foto ist nicht zumutbar und auch nicht aussagekräftig.
Ankunft in Kipsdorf. Hierzu gibt es nicht viel zu schreiben. Nur dass die Lok wohl bald in Richtung Heizhaus verschwunden war, denn es gibt keinerlei Fotos von ihr am Wasserkran. Die Kipsdorfer Planlok fuhr üblicherweise zum Heizhaus oder zumindest bis zum Bü mit der F 170 hinab. Dort wechselte das Personal.
Gestärkt kehrte sie später zurück zum Bahnhof. Der Eisenbahner war der Fahrdienstleiter des Bf. Kipsdorf. Er war in Personalunion gleichzeitig auch Aufsicht, verkaufte nach meiner Erinnerung auch Fahrkarten und trug die rote Mütze. Der Bahnhof Kipsdorf besitzt ein Stellwerksgebäude an der Einfahrt, von dem aus zumindest damals die Weichenstraßen an der Einfahrt bedient wurden. Ich erinnere mich nicht, ob Kipsdorf zu dieser Zeit noch ein Einfahrsignal besaß. Jedenfalls nutzte der Fahrdienstleiter die Mitfahrgelegenheit auf der Lokomotive gern, um sich die weiten Wege zwischen EG und Stellwerk etwas zu erleichtern.
Irgendwann vor 16:00 Uhr verließ der Personenzug den Bahnhof Kipsdorf wieder in Richtung Freital-Hainsberg.
In Obercarsdorf wartete 99 746 mit einem Güterzug (oder Gmp, wer hat den Winterfahrplan 85/86 noch?) auf uns. Sie war noch nicht sehr lange in Freital-Hainsberg stationiert und aus Zittau hierher gekommen.
In den Sommerferien 1986, den letzten vor der Berufsausbildung, besuchte ich wiederum meine Verwandtschaft und einige Schmalspurbahnen in Sachsen. Das Kursbuch kündigte damals schon die stundenweise Sperrung des Abschnittes Freital-Hainsberg - Seifersdorf und dessen Bedienung durch den Kraftverkehr im Schienenersatzverkehr an. Das war eine jährlich wiederkehrende Maßnahme. Grund waren Gleisbauarbeiten, auch mit Hilfe von Studenten im Studentensommer. So war ich darauf vorbereitet, die erste Etappe mit dem Bus zurückzulegen.
Der Bus war rechtzeitig am Bahnhof Seifersdorf, so dass ich die Ankunft des Zuges aus Kipsdorf verfolgen konnte, der sogleich wieder zurück ins Gebirge fahren sollte. Diesmal war eine Einheitslok am Zug, die 99 734.
Die Zeit, sonst für die Abwicklung einer Zugkreuzung vorgesehen, reichte für das Umsetzen der Lokomotive aus, so dass wir Seifersdorf pünktlich verließen. Unterdessen hatte sich der Schienenersatzverkehr wieder auf den Weg nach Hainsberg gemacht. Die drei über Jahre hier stationierten Einheitsloks 99 734, 99 747 und 99 761 besaßen diese eigenartig hochgesetzten Laternen, deren Bedeutung ich nie so richtig verstand. Später umgesetzte Loks, etwa 99 746 oder später 99 741 oder 762 hatten die übliche tiefe Anordnung.
In Dippoldiswalde hatte uns ein Güterzug ins Tal erwartet, der jetzt dampfend und qualmend den Bahnhof verließ, fotografiert von der letzten Plattform des Personenzuges.
Seine Zuglok war 99 761 und ich habe keine andere Aufnahme dieser Situation.
Diesmal wurde am Bahnsteig in Kipsdorf Wasser genommen. Der Lokführer machte es sich auf dem Trittbrett des Gepäckwagens gemütlich, während der Heizer von seinem Arbeitsplatz den Fortschritt des Vorgangs beobachtete.
Auch hier hatte ich wohl wieder den zweiten Fotoapparat dabei. Ich vermute, dass ich mit der alten Werra dieses Schwarzweißfoto angefertigt habe. Die Vilia erzeugte deutliche Randunschärfen, die Werra nicht so.
99 734 hatte den Zug talwärts schon wieder bespannt und wartete auf die Abfahrt. Ich erinnere mich, dass der Fahrplan hier einen sehr großen Aufenthalt bis gegen 15:45 Uhr vorsah. Gleichwohl, es ging auch zur fahrplanmäßigen Abfahrtzeit nicht los. Ich überblickte noch nicht, warum.
Die im Kursbuch vermerkte Abfahrtszeit war längst verstrichen und ich bemerkte außer dem Gespräch des Lokpersonals mit der Zugführerin nicht, was diese Verzögerung auslöste. Als dann gegen 16:00 Uhr ein zweiter Personenzug den Bahnhof erreichte, war ich ziemlich überrascht und stand ziemlich ungünstig. Hätte ich es gewusst, wäre eine Position auf dem Bahnsteig seitlich des Lampenmastes vorteilhafter gewesen. Woher kam nun dieser Zug? Aus dem Fahrplan konnte man einen Gegenzug und Zugkreuzung in Schmiedeberg ableiten. Das war dieser Zug. Lok 99 776 beeilte sich nun mächtig und ging als Schlusslok an unseren Zugpark. Ihr Wagenpark blieb in Kipsdorf zurück. Hätte ich das gewusst...
Noch 1990 gab es diese Leistung mit der Schlusslok. An den Grund für die Abweichung im offiziellen Fahrplan erinnere ich mich nicht mehr. Wer kann dazu etwas sagen?
Die Sperrung des unteren Abschnitts war am späten Nachmittag natürlich längst aufgehoben, die Gleisbauer hatten Feierabend und so erwartete uns 99 761 in Seifersdorf zur Kreuzung.
An einem anderen Tag im Sommer 1986, als ich in Richtung Tharandt oder sonstwohin (ich weiß es nicht mehr) den Bahnhof Freital-Hainsberg mit einem Personenzug (oder der S-Bahn) passierte, kamen wir genau oberhalb der 99 780 zum Halt, die gerade eine Rangierpause einlegte. Während der Heizer wartete, hatte der Lokführer irgend etwas auf dem Kessel zu erledigen. Es ist nicht genau zu erkennen.
Zu dieser Zeit gab es auf der Strecke Freital-Hainsberg - Kurort Kipsdorf täglich mindestens 5 Planloks. Eine wurde von Kipsdorf eingesetzt, Vier von Hainsberg aus besetzt. In den Dienstplänen war täglich auch ein Rangierdienst in Hainsberg vorgesehen. Die als Rangierlok tätige Maschine besorgte das Auf- und Abbocken der Regelspurwagen, das Zusammenstellen der Güterzüge, das Bereitstellen der Personenzüge und auch die Bedienung der Wagenausbesserungsstelle in Freital-Potschappel über das Verbindungsgleis zwischen den Bahnhöfen Freital-Hainsberg und Freital-Potschappel, einst Ausgangspunkt der Strecke nach Wilsdruff und weiter ins Netz.
Heute pendelt nur noch eine Maschine auf der Weißeritztalbahn.
Alle Fotos: Achim Rickelt
Soviel zu meinen ersten beiden Ausflügen zur Weißeritztalbahn.
Fortsetzung folgt...
Euer Dampf - Achim Rickelt