Hallo,
in diesem Thread möchte ich die reizvolle Moorbahn von Burgsittensen anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Vereins und ihre Geschichte beleuchten. Obwohl ich bisher noch nicht persönlich vor Ort war, verfolge ich die Entwicklung der Bahn schon seit geraumer Zeit. Im hoffe, im Oktober endlich die Möglichkeit zu einem persönlichen Besuch zu finden.
Die Gemeinde Tiste
Erstmalig wurde Tiste im Jahre 1024 unter dem Namen Tistidi in einer Urkunde des Bistums Verden erwähnt. Der Name stammt aus dem Altgermanischen und bedeutete wahrscheinlich Ting = Richtstätte. Der Ort lag ursprünglich etwa 1 Kilometer nordöstlich, bis die Pest wütete und die Bewohner sich in der Geestniederung der Oste neu ansiedelten. Im Mittelalter fiel Tiste immer wieder an neue Herren. Um 1660 gründete die Familie der Schulten (aus Lühe im Alten Land) das Gut Burgsittensen. Dieses besteht noch heute. Tiste fiel als Heimstatt der zugehörigen Bauern verwaltungsmäßig an die Schulten. Der letzte der herrschenden Schulten verschwendete durch ausschweifenden Lebenswandel den riesigen Besitz, welchen daraufhin 1880 die königliche Klosterkammer Hannover ersteigerte. Diese nahm sofort durch Moortrockenlegungen und Aufforstungen ausgedehnte Ödlandkultivierungen vor. Nach dem ersten Weltkrieg wurden 1928 Tiste, Burgsittensen und Herwigshof als Gemeinde Tiste zusammengefasst. Tiste verfügt über einen Bahnhof an der im Jahre 1917 eröffneten Kleinbahn Wilstedt-Zeven-Tostedt. Der Personenverkehr wurde zwischen 1964 und 1971 eingestellt. Seit 2007 ist der Abschnitt Wilstedt - Zeven stillgelegt. Der Abschnitt Zeven - Tostedt wird noch für den Güterverkehr vorgehalten.
Das Moor
Das Tister Bauernmoor ist ein Hochmoor und gehört mit weiteren Mooren zum Hochmoorgebiet Ekelmoor, das insgesamt eine Fläche von 1220 ha hat. Das Moorgebiet gehört zu dem Naturraum der Wümmeniederung. Das Tister Bauernmoor war zu großen Teilen industriell abgetorft. Im Nordbereich war das Moor zu Grünland umgewandelt worden. Der Kranich hat sich hier wieder angesiedelt und zieht seine Jungen auf. Das Tister Bauernmoor ist einer der bedeutendsten Kranichplätze im nordwestdeutschen Flachland. Im Spätherbst rasten in dem Moor mehrere tausend Kraniche, bevor sie in ihre Winterquartiere weiterfliegen. 2008 wurden hier etwa 5.000 rastende Kraniche gezählt. Am Montag den 27. Oktober 2014 haben offizielle Kranichzähler des NABU dann einen Rekord von 20.600 Kranichen im Tister Bauernmoor gezählt und offiziell bestätigt. Auch der seltene Seeadler und der Fischadler wurden hier gesichtet. Durch die Nährstoffarmut, den sauren pH-Wert des Wassers und den kontinuierlichen Wasserstau hat sich im Tister Bauernmoor eine hochspezialisierte Pflanzenwelt gebildet. So gedeihen hier die Zwergstrauchheide, das Wollgras, natürlich verschiedene Torfmoose und der Sonnentau.
Geschichtliches
Im Jahr 1931 begann der Torfabbau durch die Firma Anton-Günther Meiners. Zur Abfuhr des Torfes entstand auch eine Torfbahn mit einer Spurweite von 600 mm. Der abgebaute Torf wurde unter anderem als Brennstoff benutzt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Torfabbau von der Firma E. Stoph & Co. übernommen. Seit den 1980er Jahren wurden Moorflächen zum Zweck der Unterschutzstellung durch den Landkreis aufgekauft und schon im Jahr 1991 wurden die politischen Weichen für den Erhalt der Torfbahn im Tister Bauernmoor gestellt. Der Moorbahnverein wurde im Jahr 1998 zum Erhalt der Bahn gegründet, da die Torfbahn bis dahin bereits zu einem festen Bestandteil der Dorfgeschichte geworden war. Der Betrieb der eigentlichen Torfbahn endete im Jahr 1999, als die letzten Torfabbaulizenzen im Tister Bauernmoor erloschen. Im Jahr 2000 wurde das Gebiet „Tister Bauernmoor“ zum EU-Vogelschutzgebiet erklärt und 2001 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Viele Mitglieder des Vereins Moorbahn Burgsittensen e.V. und ehrenamtliche Helfer haben Gleise repariert, neu verlegt und Weichen eingebaut. Die ersten Gäste brachten ihren Kaffee und Kuchen noch selbst mit, erst später entwickelte sich der Cafebetrieb. Das gute Zusammenwirken von Politik, Kommunen und Moorbahnvorstand war die Basis für die kontinuierliche Weiterentwicklung der Moorbahn. So konnten im Jahr 2005 ein neuer Lokschuppen und das Haus der Natur mit Cafe eingeweiht werden.
Die beiden vorhandenen Lokomotiven des Vereins
Lok 1, SCHÖMA, Fahrzeugnummer: 2041, Baujahr: 1957, Leistung: 27,5 PS, zulässige Höchstgeschwindigkeit: 9 km/h
Lok 2, DIEMA, Fahrzeugnummer: 1807, Baujahr: 1955, Leistung: 10 PS, zulässige Höchstgeschwindigkeit: 9 km/h
Impressionen
Dieses Bild wurde mir zur Verwendung in diesem Bericht freundlicherweise von Frau Heike Vullmer zur Verfügung gestellt.
Dieses Video zeigt schöne Eindrücke von Moorbahn und Landschaft:
Ich hoffe, ich konnte dem Leser dieses Beitrags einen interessanten Einblick vermitteln. Wenn ich (hoffentlich bald) über eigenes Bildmaterial verfüge, werde ich es euch in diesem Thread nicht vorenthalten.
Viele Grüße, René