• Verbleib von Lokomotiven:
    Die Firma C. Hagans aus Erfurt lieferte im Jahre 1892 die ersten Drehschemel-Lokomotiven mit der Fabriknummer Nr. 257 "Glück Auf" und Nr. 272 "Eisenstein" an den damaligen Grubenbesitzer Dr. Pfahl der Bieberer Gruben im Spessart. Dort haben sie dann ungefähr bis um die Jahrhundertwende Ihren Dienst versehen. Über den weiteren Verbleib ist leider nichts bekannt. Die Lokomotiven könnten auch ins Ausland gegangen sein. Ich Suche Informationen für mein neues Buch. Wer kann Hinweise geben?

    Einmal editiert, zuletzt von Biebergemuend (21. Oktober 2018 um 19:36)

  • Ich kann Dir gar keinen Hinweis liefern. Aber mir fällt auf, dass die Führerhäuser wahnsinnig den NWE-Mallets ähneln.

    Interessante Loks und vielleicht ein sehr spannendes Thema!!

    Liebe Grüße,
    Lenni

  • Hallo Biebergemuenderin,

    ich habe zunächst einmal in das 1991 im transpress-Verlag erschienene Buch "Lokomotiven von Hagans" geschaut:

    Beide Loks wurden in einer Spurweite von 900 mm gebaut.


    1) Lok " Glück Auf" wurde 1892 unter der Fabrik-Nr. 257 erbaut und schon 1908 im Spessart ausgemustert.

    2) Lok "Eisenstein" wurde 1892 unter der Fabrik-Nr. 272 erbaut und schon 1904 im Spessart ausgemustert.

    Die Spurweite von 900 mm war, von einigen Ausnahmen abgesehen (z.B. Molli, Borkum) eine genormte Spurweite für Bahnen des Bergbaus , auch im Spessart diente die Bahn ja ursprünglich der Abfuhr von Erzen aus den damaligen dort vorhandenen Erzgruben.

    Im Ausland war diese Spurweite damals eher selten bis gar nicht anzutreffen, sodaß ich einen Verbleib im Ausland zwar nicht ausschliessen kann, aber dennoch für eher unwahrscheinlich halte.

    Zunächst stellt sich mir die Frage , warum wurden die Loks so relativ schnell im Spessart ausgemustert?

    Die Antwort dürfte in der aufwendig konstruierten und vor allem bei schlechter Gleislage (wie bei Erzabfuhrbahnen eigentlich üblich) recht störanfälligen Hagans-Drehschemel-Bauweise zu suchen sein.

    Schon nach relativ kurzer Zeit mußte die Erzbahn offenbar erkennen, dass die Hagans-Loks aufgrund ihrer Bauart (die dem geringen Achsdruck geschuldet war) recht stör- und reparaturanfällig waren und deshalb schon 1904 und 1908 (da hatte Krupp die Bahn bzw. Gruben schon übernommen) ausgemustert wurden.

    Nun stellt sich die Frage, ob diese "Sorgenkinder" denn noch neue Käufer fanden?

    Da die Spurweite von 900 mm m.E. außerhalb des damaligen dt. Kaiserreiches und seiner Kolonien überhaupt nicht vorkam, wäre ein Verkauf innerhalb des damaligen Kaiserreiches eher anzunehmen. Hiefür kämen z.B. Braunkohlegruben, Steinbrüche, Erzgruben usw. in Betracht. Da die Loks ja noch recht jung waren, sollte "man" annehmen , dass diese schnell neue Besitzer fanden.

    Da "man" aber bisher nichts mehr von diesen Loks nach der Ausmusterung im Spessart gehört hat, halte ich eine Zerlegung vor Ort und Weiterverwendung des Dampfkessels als stationärer Dampferzeuger zur Dampf- oder Heißwassererzeugung in den Tagesanlagen der Erzgruben oder auch Dritter irgenwo im Spessartraum für naheliegend, denn schließlich war das Problem der Loks ja nicht der Dampfkessel (Dampferzeuger), sondern das störanfällige Fahrwerk. Die Dampfkessel der Loks hingegen waren damals noch relativ neu.

    Jetzt folgt die Frage, wo finde ich Unterlagen zu den Loks bzw. Dampfkessel?

    Du solltest Deine Suche /Forschungen jetzt in zwei Richtungen aufteilen:

    1) Die Suche danach, ob die Loks als solche an Dritte abgegeben wurden

    2) Die Suche danach, ob nach 1904 irgendwo im Spessart ein oder zwei Dampfkessel vom Hersteller Hagans in Betrieb genommen wurden.

    Da ich nicht im Spessart wohne und jetzt nicht sagen kann, zu welchem Landkreis die Bahn im Biebertal gehört oder früher gehörte, kann ich jetzt nur vage Hinweise geben:

    1) Nachforschungen zu Dampfkesselakten im zuständigen Orts- oder Kreisarchiv (Kreisstadt könnte Gelnhausen sein-- aber ich weiß es nicht genau)

    2) Nachforschungen im Hessischen Landesarchiv in ?????? (Kassel???, Darmstadt????, Wiesbaden????)

    3) Nachforschungen im Hessischen Wirtschaftsarchiv (sofern es das gibt)

    4) Nachforschungen im Hist. Archiv der Fa. Krupp in der Krupp-Stiftung in Essen, Standort ist die berühmte Villa Hügel, dem ehem. Wohnpalast der familie Krupp in Essen-Hügel

    5) Anfragen beim zuständigen Landesbergamt oder Landesoberberamt für Hessen

    Auf jeden Fall solltest Du mind. 14 Arbeits- bzw. Urlaubstage für diese Forschungen einplanen, denn Archivbesuche benötigen für Vorbereitung und eigentlichen Besuch Zeit - Zeit, die viele Buchautoren nach meinen Erfahrungen nicht mehr "opfern" möchten. :nixw:


    Ich hoffe, ich konnte ein wenig weiterhelfen.

    Glück Auf!

    -railfox-

  • Lieber Railfox,
    erst einmal ganz herzlichen Dank für Deine ausführliche Antwort. generell war der Besitzer der Bieberer Gruben Herr Pfahl, mit den Lokomotiven zu frieden, wie aus Briefen und einen Artikel des Englischen Blattes Engineers hervorgeht. Die zweite Lokomotive wurde ja auch nur ein halbes Jahr später geliefert.
    Es wurde neben den ersten Cn Lokomotiven welche auf der Bahn gefahren sind noch eine Weitere in diesem Betriebszeitraum gekauft.
    Da das Eisenerz der Bieberer Gruben sehr viel Arsen enthielt, ging der Absatz zurück, so dass dies wahrscheinlich der Hauptgrund für den Verkauf der Lkomotiven war, natürlich auch die Kompliziertheit der Steuerung und damit verbundenen Wartungskosten.
    Bieber liegt im Kreis Gelnhausen. Für die Ersten Jahre war das Oberbergamt Clausthal zuständig. Ausmusterung heisst noch lange nicht, dass die Lokomotiven nicht verkauft worden sind. Es geht das Gerücht, das mindestens eine Lokomotive nach Frankreich zu einer Waldbahn, welche auch oft 900 mm Spurweite besitze, als auch ein Verkauf nach Afrika möglich gewesen wäre. Über die Möglichkeit des Verkaufes sind in den Archiven in Marburg noch im Oberbergamt etwas über den Verbleib finden. Da der Bereich Bieber zu Rieneck und Münzenberg gehörte bietet sich noch das Zuständige Staatsarchiv Thüringen (da Bieber mit Schmalkalden eng verbunden war und das Dortige Bergamt eine Zeitlang zuständig war) an. Das Krupp-Archiev wiegelt ab, sie hätten keine Unterlagen weder von Hagans noch von Hohenzollern (Von Dort kan die erste Cn Lokomotive der Spessartbahn her. Vielleicht noch Staatsarchiv Düsseldorf, mal sehen.
    Die Spurweite 900 mm war zu der damaligen Zeit gang und gäbe, denn dies ist die Spurweite der schweren Feldbahn., bis die ersten LKW aufkahmen. Heutzutage findet man sie meist im Braukohletagebau oder wie Du sagst in verschiedenen Kleinbahnen, welche aber meist aus Feldbahnen oder Straßenbahnen entstanden sind.

    Ich werde weiter nachforschen, noch einmal herzlichen Dank für Deine Anregungen und Hinweise, vielleicht werde ich ja doch noch fündig.,

  • Hallo Biebergemünderin,

    zu Deinen Bemerkungen möchte ich doch noch ein paar Anmerkungen loswerden:

    1)
    "generell war der Besitzer der Bieberer Gruben Herr Pfahl, mit den
    Lokomotiven zu frieden, wie aus Briefen und einen Artikel des Englischen
    Blattes Engineers hervorgeht. Die zweite Lokomotive wurde ja auch nur
    ein halbes Jahr später geliefert."

    Das mag alles so sein, aber nach meinen Sekundär-Quellen entwickelten sich die Loks mit der Zeit zu echten Sorgenkindern und wurden relativ füh ausgemustert, was nichts anderes als verkauft oder verschrottet heißt. Möglicherweise hat Herr Pfahl den Beginn der Probleme schon gar nicht mehr mitbekommen, Krupp jedenfalls hat die letzte der beiden Loks schon recht bald nach der Übernahme der Gruben ausgemustert.


    2)
    "Da das Eisenerz der Bieberer Gruben sehr viel Arsen enthielt, ging der
    Absatz zurück, so dass dies wahrscheinlich der Hauptgrund für den
    Verkauf der Lkomotiven war, natürlich auch die Kompliziertheit der
    Steuerung und damit verbundenen Wartungskosten."

    Von einer möglichen längeren Einstellung/Reduzierung des Grubenbetriebes und einem damit verbundenen Loküberhang ist mir nichts bekannt, vielmehr sagt meine Quelle, dass der in Bonn lebende Unternehmer Dr. Heinrich Pfahl 1893 schwer erkrankte und seine Anteile an den Gruben verkaufte. Zu diesem Zeitpunkt waren die beiden Loks höchstens ein Jahr alt und Herr Dr. Pfahl konnte somit noch gar nicht richtig erkannt haben, dass die Loks mit dieser filigranen Steuerung und Fahrwerksbauart nix für diese Bahn waren - mögliche häufige Reparaturstillstände dürften in dieser kurzen Zeit noch als "Kinderkrankheiten" hingenommen worden sein.


    3)" Ausmusterung heisst noch lange nicht,dass die Lokomotiven nicht verkauft worden sind."

    Das ist richtig, aber den Beweis, dass die Loks nicht zu Heizloks/Dampferzeugern umgebaut und weiterverwendet wurden, bist Du mir noch schuldig geblieben. Gerade zur Beheizung von Waschkauen und zur Versorgung dieser mit heißem Wasser sind oftmals alte Dampfloks, ausrangierte Dampfwalzen oder alte Lokomobile benutzt worden, denn viele Kleinbergwerke kämpften eigentlich täglich ums wirtschaftliche Überleben - das war vor WK I genauso wie zwischen WK I und WK II und erst recht in der Nachkriegszeit nach 1945.


    4)
    "Es geht das Gerücht,das mindestens eine Lokomotive nach Frankreich zu einer Waldbahn, welche
    auch oft 900 mm Spurweite besitze, als auch ein Verkauf nach Afrika
    möglich gewesen wäre. Über die Möglichkeit des Verkaufes sind in den
    Archiven in Marburg noch im Oberbergamt etwas über den Verbleib finden."


    Ja, solche Gerüchte höre ich regelmäßig. Denn solche Geschichten klingen in der "örtlichen Folklore" doch viel hoffnungsvoller und positiver als die gräßliche und traurige Wahrheit einer Verschrottung vor Ort.

    Jetzt müssen wir uns aber, denke ich, mal über das Thema der "Lebenserwartung" eines Schienenfahrzeuges unterhalten:

    1) Ein Omnibus wird heute für eine durchschnittliche Lebenserwartung von 12 Jahren ausgelegt und bestellt bzw. von den Eigentümern über 12 Jahre abgeschrieben (Ausnahmen gibt es natürlich).

    2) Eine Rangier-Diesellok bei der früheren Bundesbahn und bei Industrie- und Werkbahnen wird auf 30 Jahre Lebensdauer ausgelegt.

    3) Der Rote Schienenbus der DB, "Uerdinger Schienenbus" bzw.VT 98 wurde auf eine Lebensdauer von 15 Jahren ausgelegt, einige Exemplare tuckern auch heute nach über 50 Jahren noch rum.

    Bis ungefähr 1870/1880 wurden viele Dampfloks auf eine Lebenserwartung von unter 20 Jahren ausgelegt,
    oftmals waren Loks bereits nach 10 Jahren total verschlissen, große Ersatzteilläger mit austauschbaren Ersatzteilen gab es noch nicht und eine umfangreiche Reparatur kam oftmals einem Neubau gleich - da konnte man dann auch direkt neu kaufen.

    Gerade auf "groben" Bahnen wie Feld-, Gruben- und Steinbruchbahnen "alterten" die Dampfloks noch schneller, und die Chance, dass ein Käufer eine über 10 Jahre alte, vom schweren Dienst gezeichnete und "abgenudelte" Lok mit Kußhand kaufte, war dann nicht sehr groß. Bereits damals (1900) gab es schon Gebrauchtlokhändler, die allesamt auch einen Schrottplatz betrieben, wo die unverkäuflichen "Hündchen" landeten. Schrott für Siemens-Martin-Stahlwerke war auch schon damals ein gefragter Rohstoff.

    Wenn dann so ein abgenudeltes Hündchen, dass jahrelang auf schlechten Gleisen im Spessart unterwegs war, auch noch unter chronischen Werkstattaufenthalten aufgrund angeborener Fahrwerksschäden litt, habe ich meine Zweifel, dass die Kaufinteressenten im Spessart in Schlangen anstanden.


    4) "Das Krupp-Archiev wiegelt ab, sie hätten keine Unterlagen weder von
    Hagans noch von Hohenzollern (Von Dort kan die erste Cn Lokomotive der
    Spessartbahn her."

    Das Krupp-Archiv wiegelt erstmal nur dann ab, wenn die Anfrage oberflächlich, pauschal und unausgegoren wirkt. Ein Bekannter von mir war dort mehrere Jahre wissentschaftlicher Mitarbeiter, von ihm weis ich , dass fundierte Anfragen, die schon eine gewisse Vorarbeit erkennen lassen, auch fundiert beantwortet werden.
    Über 90% der Anfragen sahen aber so aus:

    Guten Tag,(oftmals auch nur: Hallo)

    mein Name ist xy, ich plane das große Buch zum Thema abc. Bitte senden Sie mir (kostenlose) Kopien sämtlicher zum Thema abc bei Ihnen vorhandenen Unterlagen zu.

    Mit freundlichen Grüßen

    xy

    Wenn dann das Schreiben zudem noch voll von Rechtschreibfehlern wimmelte, steigerte sich die Bereitschaft, diese Anfrage mit Hilfe von tagelangen Recherchen zu beantworten, ins Unermeßliche.


    5) "Vielleicht noch Staatsarchiv Düsseldorf, mal sehen."

    Nee, Nee, da siehst Du nix mehr. Das Staatsarchiv Düsseldorf ist schon im Jahre 2014 nach Duisburg umgezogen. ;)


    6) "Die Spurweite 900 mm war zu der damaligen Zeit gang und gäbe, denn dies
    ist die Spurweite der schweren Feldbahn., bis die ersten LKW aufkahmen.
    Heutzutage findet man sie meist im Braukohletagebau oder wie Du sagst in
    verschiedenen Kleinbahnen, welche aber meist aus Feldbahnen oder
    Straßenbahnen entstanden sind."

    Ja, das ist richtig, aber wie ich schon unter Punkt 3) schrieb: Abgenutzte, mit schlechten Fahreigenschaften versehene Schmalspurdampfloks entwickelten sich bereits um 1900 herum zu Ladenhütern - anders war es 14 Jahre später, wo an der Front alles genommen wurde, was irgendwie über Schienen rollen konnte.


    7) Ich werde weiter nachforschen, noch einmal herzlichen Dank für Deine
    Anregungen und Hinweise, vielleicht werde ich ja doch noch fündig.,

    Ja, probier es doch mal mit den Dampfkesselakten im Raum Gelnhausen, da findet man nämlich nicht nur stationäre Dampfkessel, sondern manchmal auch bewegliche Dampflokomobile und Feldbahndampfloks.
    Denn zu jedem aufzustellenden bzw. in Betrieb zu nehmenden Dampfkessel (egal ob Lokkessel oder fest eingebaut) mußte ein Datenblatt / "Unbedenklichkeitserklärung" und schnittzeichnung vom Dampfkessel-Hersteller abgegeben werden (zumindest in Preußen).
    Oftmals finden sich aber auch nur Behördenakten, wo Baujahr und Fabrik-Nr. des Kessels verzeichnet sind.
    Aber das hilft schon weiter, denn die einschlägigen Lieferlisten der Hersteller sind bis auf wenige Ausnahmen (z.B. LKM in Potsdam-Babelsberg, Schwartzkopff (BMAG) in Berlin bzw. Wildau bei Berlin, Gmeinder in Moosbach/Baden) vollständig vorhanden und werden (auch von mir) laufend ergänzt.

    Ebenso können Akten des DÜV, des Dampfkessel-Überwachungs-Verein hilfreich sein, sofern in den Archiven vorhanden.

    Aber auch hier gilt: Zeit haben und vor allem auch mitbringen. :wink:

    Glück Auf!

    -railfox-

  • Hallo railfox,
    vielen Dank für Deine Ausführungen. Dass mit der Zeit war in den letzten Jahren seit dem ich mich mit den Spessartbahn befasse so ein Problem, wird sich aber hoffentlich bald ändern.
    Werde mir Dein Anregungen genau anschauen, bis dahin.
    Mit Bieberer Glück Auf!