Straßenbahn Mühlhausen (Thüringen)

  • Hallo!

    Von 1898 bis Juni 1969 verkehrte in der thüringischen Kleinstadt Mühlhausen eine meterspurige Straßenbahn.

    Leider hatte der Betrieb in Mühlhausen nicht so ein Glück wie der kleine Straßenbahnbetrieb in der Nachbarstadt Nordhausen.

    Verschiedene ungünstige Umstände und falsche Entscheidungen und Sichtweisen bei den seinerzeit Verantwortlichen führten dazu, das der Mühlhäuser Betrieb, welcher sogar bis zum Ende Güterverkehr durchführte und durchaus akzeptable Beförderungszahlen vorzuweisen hatte, trotzdem im Juni 1969 eingestellt wurde.

    Heutzutage, fast 50 Jahre nach der Einstellung des interessanten kleinen Netzes, welches sogar über einen Überlandstreckenabschnitt verfügte, findet man in der Stadt praktisch nichts mehr, was noch an die Straßenbahn erinnert.
    In Mühlhausen kamen bis zur Einstellung des Betriebes Vorkriegswagen zum Einsatz.
    Einsätze von Lowa, Gotha oder Rekowagen soll es nie gegeben haben, auch nicht im Probebetrieb.

    Der Verein Straßenbahn Mühlhausen / Verein zur Förderung handwerklicher Traditionen e.V konnte vor einigen Jahren den in Fragmenten erhaltenen Wagen 43 der Mühlhäuser Straßenbahn bergen und hat diesen in den letzten Jahren nahezu originalgetreu aufgebaut.
    Außerdem entstand ein Sommerbeiwagen in Anlehnung an Sommerwagen, welche es tatsächlich bei der Mühlhäuser Straßenbahn gegeben hat.

    Zum Tag der offenen Tür im September konnten interessierte Besucher den Straßenbahnwagen und den Beiwagen von Außen und von Innen bestaunen.
    Ansonsten stehen die Fahrzeuge für die Öffentlichkeit nicht zugänglich in einem ehemaligen Industriebahn Lokschuppen nahe der Bahnstrecke Mühlhausen Leinefelde.
    Hier wurde ein kurzes Stück Meterspurgleis installiert und so können die beiden Wagen bei Veranstaltungen ans Tageslicht gezogen werden.

    An dem Tag gab es auch mehrfach sehr sehenswerte Filme über die Geschichte und die Fahrzeuge der Mühlhäuser Straßenbahn in Verbindung mit einem äußerst interessantem Vortrag zu sehen bzw. zu hören.

    Doch hier nun ein paar wenige Bilder der beiden o.g. Wagen
    Aufgrund der Örtlichkeiten ließen sich kaum andere Positionen zum fotografieren einnehmen.

    Viele Grüße, Thomas

    hier noch ein Link mit Infos und Bildern über die Aufarbeitung des Wagens 43 und vielen weiteren interessanten Bildern und Texten zur Straßenbahn Mühlhausen:

    https://muehlhausen-tp-projekte.hpage.de/die-muehlhaeus…tion-tw-43.html


  • Guten Tag Thomas,
    da hast Du Dir ja ein interessantes Thema ausgesucht,Danke .Schade, da war mal was im Fernsehen oder so,leider hab ich den Termin verpennt. :sorry:
    Du hast es ja schon angedeutet, der Betrieb der Mühlhäuser Strassenbahn war in der Tat interessant, Überlandstrecken zum Weißen Haus,(nein, D.T. war da nicht angeschlossen!) und zur Popperoder Quelle, selbst ein Rüstungsbetrieb hatte Anschluss an den Güterverkehr. Dazu dienten am Mühlhäuser Bahnhof Umlade-und Rangiergleise, deren Reste ich noch gesehen habe. Sie befanden sich auf etwa der Höhe des ehemaligen Lokschuppens,aber da findet man bei Wikipedia u.a. einiges an Material.Für Nordhäuser interessant ist, das gebrauchte Nordhäuser Strassenbahn-Triebwagen der ersten Generation den Weg nach Mühlhausen fanden und als Arbeitstreibwagen eingesetzt wurden..
    Grüße Winfried

  • Hallo Thomas,

    ein schönes Thema, zumal ich die Mühlhäuser Straßenbahn noch aus eigenem Erleben kenne. Im Netz findet man einen längeren Film dazu. Ab Minute 38.50 gibt es bewegte Bilder aus der letzten Zeit der Straßenbahn. Tw 43 ist auch zu sehen:

    https://www.youtube.com/watch?v=9GleJAHO8Sw

    Tw 43 ist ein Eigenbau (!) der Mühlhäuser Straßenbahn aus dem Jahr 1928. Damals wurden 4 Tw (41-44) in der Mühlhäuser Werkstatt gebaut. Bis zuletzt waren aber auch noch sehr alte Fahrzeuge aus den Jahren 1898/1899 vorhanden u. teilweise noch im Einsatz!

    Etwa 1989 habe ich mit einem Kumpel noch einige erhaltene Wagen besucht, die meist als Schuppen oder Gartenlaube benutzt wurden. Eine traurige Tour war das ...

    @ Winfried, die Überlandstrecke führte nicht zum Weißen Haus UND zur Popperöder Quelle, sondern die Strecke führte ÜBER Popperöder Quelle zum Weißen Haus. Ein oder zwei Stationen hinter der Quelle, an der Feldweiche, zweigte dann die Strecke zum Krankenhaus Pfafferode von der Strecke zum Weißen Haus ab.

    Beste Grüße

    Holger

  • Hallo.
    Danke für Eure Rückmeldungen, bzw. Ergänzungen zum Thema aus eigenem Erleben.

    Mühlhausen war mir bis vor einiger Zeit recht unbekannt, erst durch persönliche Veränderungen in den letzten Monaten, bin ich mit der Stadt näher in Berührung gekommen und so stieg dann natürlich auch mein Interesse an dem längst eingestelltem Straßenbahnbetrieb.
    Da kam mir der Tag des offenen Denkmals im September natürlich gerade recht.

    Wirklich schade, das ein solch interessantes Netz nicht erhalten werden konnte.

    Viele Grüße, Thomas

  • Hallo,

    mal für eine Zeit in Sondershausen zu Hause gewesen, war mir bekannt, dass es in Mühlhausen mal einen Straßenbahnbetrieb gegeben hat, aber ich hatte mich bisher (weil mir das eigene Erleben fehlt) nicht weiter mit diesem Thema auseinandergesetzt. Die Beiträge helfen, auch dieses Stück Geschichte etwas in den Blickpunkt rücken. Gefällt mir wirklich sehr. Der Nichterhalt dieser Bahn ist bedauerlich, genauso wie z.B. die verschwundene Herkulesbahn in Kassel, wobei es dort aber wenigstens Bestrebungen zum Wiederaufbau gibt: Herkulesbahn Kassel

    Vielen Dank sagt René

    Einmal editiert, zuletzt von rekok73 (19. Oktober 2018 um 22:09)

  • Guten Tag ,Hallo Holger,
    ich hatte mir den Film im Netz auch schon angeschaut und auf dem dortigen Streckenplan meinen Fehler bemerkt! Trotzdem danke für den Hinweis!
    Grüße Winfried

  • Hallo Thomas,

    ich empfehle, an einem schönen freien Tag einfach mal die ehemalige Strecke abzulaufen. Dabei lernt man die Stadt sehr gut kennen, u. bekommt ein Gefühl für die Lage der Straßenbahn.
    Als Unterstützung könnte ein alter Stadtplan dienen, in dem die Lage der Bahn noch verzeichnet ist.

    http://www.pharus-plan.de/a1780-Pharus-H…Thueringen-1925

    Vor einigen Jahren gab es noch einen längeren Gleisrest im Bereich unterer Steinweg / Görmarstraße. Am Anfang der Schwanenteichallee lag auch noch ein Gleisbogen im Pflaster. Was davon noch vorhanden ist, weiß ich nicht. Daneben gab es natürlich noch etliche Wandrosetten.

    An die komplette Stillegung hat die Stadtverwaltung wohl selbst lange nicht gedacht. Aber dann kam die damals verbreitete Idee, eine Einkaufsstraße zur Fußgängerzone (Boulevard!) umzugestalten. Diesen Plänen wurde dann die Oberstadtlinie geopfert.
    Die restliche lange Strecke vom Bahnhof durch die Unterstadt u. zu den Ausflugszielen Schwanenteich u. Popperöder Quelle, Prinzenhaus zum Wald (Weißes Haus) hätte dringend erneuert werden müssen. Das jahrelange Fahren auf Verschleiß hätte wohl so ziemlich einen Neubau erfordert.
    Dazu kam die Situation beim Wagenpark. Die modernsten Fahrzeuge stammten aus den dreißiger Jahren (Waggonbau Gotha).
    Ein Wagenkasten war noch nach der Wende in der Nähe des Bahnhofes vom Zug aus zu sehen.
    1969/70 wurden aber in Gotha keine Straßenbahnen mehr produziert. Auch gebrauchte waren kaum zu bekommen.

    Die Straßenbahn in Nordhausen hat diese Zeit wohl nur deshalb überlebt, weil nach der Kriegszerstörung ein Großteil des Netzes neu aufgebaut wurde. Dazu vorausschauend zweigleisig mit eigenem Bahnkörper (Rautenstraße). Dazu konnten neue Wagen gekauft oder gebrauchte übernommen werden. In Mühlhausen hat man so lange von der Substanz gelebt, bis es schließlich nicht mehr ging.

    Beste Grüße

    Holger

  • Guten Abend Holger,
    nun bin ich auf meinen Dachboden geklettert und habe mir das "Strassenbahn-Archiv" gesucht. Der Tip mit den Pharus-Plan ist natürlich noch besser, beides zusammen sicherlich ausreichend für eine "Stadtbegehung".
    Als ich mal in Mühlhausen war, hatte ich eher die Feldbahn der Ziegelei Höngeda und dann die Reste der "Vogteier Bimmelbahn" im Sinn, aber wenn ich richtig liege, stand der Wagenkasten in Richtung Gotha links in einer Gartenanlage auf dem Abschnitt, wo die Gothaer und Schlotheimer Bahn noch zusammen liefen.
    Ja, hätte,konnte,sollte, es ist ein Elend,alles Erinnerungen....!
    Der Bezug zu Nordhausen ist völlig richtig, dort waren nach dem Bombenangriff noch etwa 900 m Gleis ! befahrbar von etwa 5 km.
    Auf dem Bild ist diese Zerstörung zu erkennen,die Strassenbahn befuhr von unten über die Zorge kommend, die weiß eingezeichnete Strasse bis zur Stolberger Strasse und nach links rechts neben der Zorge verlaufend zum Altentor.

    Auf dem Unteren Bild ist das 1945 vorhandene Streckennetz in der alten Form zusehen,der Abschnitt Ende des zweigleisigen Stücks ab Bahnhof (heute etwa "Nordbrand") bis "Kornmarkt" wurde gerade durch die Trümmerwüste zweigleisig auf völlig neuer Trasse gebaut,der Abschnitt über "Vor dem Vogel" bis "Kornmarkt" wurde dann aufgelassen. Die Ringlinie "Kornmarkt"-"Altentor" wurde schon 1922 stillgelegt.
    Die Bilder stammen aus dem Jubiläumsbuch zum 50. Jahrestag der Eröffnung der Nordhäuser Strassenbahn.

    Und die damalige Stadtverwaltung hat richtigerweise die Gelegenheit des völlig platten Stadtzentrums genutzt, welch seltener Fall von kommunalen Weitblick!
    Ich kann mich dran erinnern, das im "Das Volk" mal Pläne veröffentlicht wurden, eine Strassenbahn vom Altentor über Klein Krimderode nach Krimderode (und eventuell über Salza zurück zum Altentor oder über die Steinstraße zum Bahnhof) zu bauen. Der neue Betriebshof der "Elektrischen", wie der ältere Nordhäuser zu sagen pflegte, wäre direkt in der Nähe zu meinem Elternhaus gebaut wurden, im sogenannten Steinfeld! Vielleicht wäre ich dann ein Strassenbahn-Fan geworden....!Über die Pläne eines Ergänzugsverkehrs per O-Bus will ich mich nicht auslassen, das war nur kurz im Gespräch.
    Gruß Winfried

  • Hallo Winfried,

    ja, ich behaupte heute, daß es ohne die großflächige Zerstörung der Nordhäuser Innenstadt, u. dem daraus folgenden Neuaufbau der Straßenbahn es diese heute nicht mehr geben würde. Rautenstraße u. Töpferstraße waren früher sehr eng, mit einer eingleisigen Trassierung der Straßenbahn. Ich empfehle das Buch "Alt-Nordhausen" von Fritz Schmalz, erschienen im Wartberg Verlag, mit vielen schönen Aufnahmen der alten Nordhäuser Straßenbahn.

    Das man sich nach der Zerstörung überhaupt für einen Neuaufbau der Straßenbahn entschieden hat, ist für mich schon ein Wunder.

    http://www.gilde-nordhausen.de/verkehr/strassenbahn.htm

    Der Wagen in Mühlhausen stand in Fahrtrichtung Bad Langensalza oder Schlotheim auf der rechten Seite in einem parkähnlichen Gelände, vielleicht einen knappen Kilometer vom Bahnhof entfernt.

    Beste Grüße

    Holger

  • Hallo Thomas & Holger!

    Nur ungern störe ich Euch dabei, über die übrigen Straßenbahen dieser Welt zu reden, aber hier geht es ja eigentlich um Mühlhausen. Bei einem Nordhorner Verlag (eben jener, der ein dickes grünes Buch über eine sächsische Schmalspurbahn vorbereitet) gab es mal ein blaues Buch von Andreas Möller. Interessant ist auch dieses Video:

    (mit vielen aus dem blauen Buch geklauten Fotos).


    Diese Fotos sind in jenem Buch nicht zu sehen:

    :cheers: