Harz: Winterfotofahrt des Freundeskreises Selketalbahn e. V. mit Malletlok 995906 am 26.01.2019

  • Am 26. Januar führte der Freundeskreis Selketalbahn e. V. (FKS) eine seiner Fotofahrten auf der Strecke der Selketalbahn durch. Das Ganze war deklariert als Winterfotofahrt, aber mit dem Wetter ist das ja immer so eine Sache ...
    Befahren wurden die in der folgenden Karte grün markierten Streckenbereiche. Die Fahrt führte von Alexisbad nach Harzgerode und zurück über Alexisbad, Gernrode bis Quedlinburg und von dort aus bis Straßberg und wieder zurück nach Alexisbad und Harzgerode, wo die Fahrt endete.

    Die engagierte Leute vom FKS bemühen sich immer um etwas Besonderes bei den von ihnen organisierten Fotofahrten. Diesmal sollten besonders viele Rangierszenen gezeigt werden. Dazu waren neben drei Waggons aus dem Bestand der Traditionswagen auch zwei von der IG HSB aufgearbeitete Güterwagen am Haken der Mallet.


    Nachdem in Harzgerode die beiden Güterwagen im Schneetreiben ans Zugende rangiert wurde, ging die Fahrt zurück nach Alexisbad und weiter nach Mägdesprung. Hier wurde in strömendem Regen einer der beiden Güterwagen am zum ehemaligen Güterboden führenden Gleis abgestellt. Und zwar handelte es sich um den Ow-Wagen 99-72-02. Dieser hat eine recht interessante Geschichte. 1903 bestellte die Südharzeisenbahn bei Ohrenstein & Koppel 16 Selbstentladewagen. Damit sollte der Schottertransport von den bahneigenen Steinbrüchen am Wurmberg und bei Sorge rationell nach Walkenried erfolgen. Leider entwickelte sich das Schottergeschäft so gar nicht gut, so dass diese Spezialwagen schleunigst in normale offene Wagen umgebaut wurden, um sie für allgemeines Ladegut benutzen zu können. 99-72-02 blieb neben zwei weiteren ehemaligen Trichterwagen nach dem zweiten Weltkrieg in der sowjetischen Zone, wo er gestrandet war und kam so zur Reichsbahn. Die anderen beiden wurden im Laufe der Zeit verschrottet. 99-72-02 diente bis zur Wende zum Beispiel noch als Transportwagen für Fässer der Rinkemühle und nun als Fotogüterwagen.


    Zwischen Quedlinburg und Bad Suderode konnte bei einer Scheinanfahrt die volle Bimmelbahn-Pracht genossen werden. Wie man sieht, hatte es der Winter nicht bis ins Flachland geschafft. Die imposante Dampffahne entschädigt vielleicht für den fehlenden Schnee.


    Zufrieden zuckelt der Zug weiter nach Gernrode. Mittlerweile hatte der Regen fast gänzlich aufgehört und das Wetter konnte fast schon als gut angesehen werden. Wer den zweiten Güterwagen vermisst: Der war schon in Gernrode abgekuppelt und durch die Planlok 99 7235 auf ein Abstellgleis rangiert worden.


    Hier wird er nach der Rückkehr nach Gernrode gerade wieder an den Zug rangiert, während 99 5906 restauriert wird. Bei dem Waggon handelt es sich um den Gw 99-02-25, auch dieser eine Dauerleihgabe an die IG HSB und von ihr für Fotozwecke aufgearbeitet. Der Wagen wurde 1912 von der Waggonfabrik Görlitz gebaut. Aus einigen anderen Wagen der gleichen Bauserie wurden 1989 kurz vor der Wende noch mehrere zweiachsige Gepäckwagen KDaai mit Rekowagenkasten in Perleberg gebaut, die allerdings nach einigen Jahren schon wieder zu großen Teilen abgestellt wurden, da sie durch den veränderten Reiseverkehr überflüssig waren.


    Die Mallet 99 5906 in ihrer vollen Pracht. Die Lok war 1918 durch die Maschinenfabrik Karlsruhe als Teil eines Bauloses für die Heeresfeldbahn gebaut worden, die sie auf dem Netz an der Westfront einsetzen wollte, allerdings gar nicht mehr ausgeliefert worden, da der Krieg mittlerweile beendet war. Als Ersatz für die vielen zwangsweise zum Kriegseinsatz abgegebenen und verlorenen Jung- (und Güstrower) Mallets wurde gekauft, was vorhanden war. Immerhin waren von den 12 ursprünglichen Mallets die Hälfte abgegeben worden und Streckenloks wurden dringend benötigt. Die 99 5906, die ab 1920 bei der NWE als 41 in Zweitbenennung unterwegs war, weist einige Bauartunterschiede zu den Jung-Mallets auf. So ist zum Beispiel im Gegensatz zu diesen auch der hintere, feststehendeTeil des Rahmens als Innenrahmen konzipiert.

    Ebenfalls wie bei den Kung-Mallets werden in der Steuerung jedoch auch Flachschieber statt der sonst weitgehend üblichen Kolbenschieber verwendet, wie man auf diesem Foto sieht. Leistungsmäßig stand sie den anderen Harzer Mallets jedoch trotz etwas geringerem Kesseldruck in nichts nach.


    Hier noch einmal die Rückansicht im direkten Vergleich zu den Neubauloks von LKM aus den 50erjahren. Man sieht die markante, flachere Form des Führerhauses, die dem französischen Lichtraumprofil geschuldet ist. Schließlich sollte die Lok ja ursprünglich auf Strecken in den Ardennen eingesetzt werden.


    Zum Glück geht das Bekohlen mit dem Raupenkran 3 „Mitschurin“ einfacher als in früheren Zeiten, wo die Kohle körbeweise von Hand umgefüllt wurde. Vom RK 3 wurden ab 1952 in den Bleichertwerken Leipzig über 500 Stück gebaut und er ist somit mittlerweile selbst längst ein Oldie. Bei der Harzquerbahn sind seit Jahrzehnten einige Exemplare im Dienst.


    Danach ging es wieder in den Harz hinein. Hier eine Scheinanfahrt zwischen Sternhaus-Haferfeld und Sternhaus-Ramberg. Der Personenteil des Zuges bestand aus dem kombinierten Gepäck-/Personenwagen 902-303, 1928 bei der Waggonfabrik Gotha bestellt und schon seit 1974 im Traditionszug. Weiter aus 900-458, 1899 bei HAWA gebaut und ebenfalls schon seit Beginn im Traditionszug. Natürlich auch traditionell mit Holzbänken. Und als letztes der 900-461, ebenfalls von der Hannoverschen Waggonfabrik, 1900 gebaut. Der Wagen wurde 1969 ausgemustert, komplett an die Harzer Kalk- und Zementwerke in Rübeland verkauft und als Unterstand auf dem Schießplatz der Grenztruppen und der Kampftruppen des Werkes benutzt. 1999 wurde das Untergestell durch Mitglieder der IG HSB wiederentdeckt, ein Jahr später geborgen, der gesamte Waggon wieder aufgearbeitet und seit 2002 für Sonder- und Fotozüge benutzt.


    In Mägdesprung wurde der am Vormittag abgestellte Güterwagen wieder angehängt, die Kreuzung eines Triebwagens abgewartet, und der Plandampfzug vorbei gelassen.


    In Alexisbad wurde natürlich nicht die Gelegenheit ungenutzt verstrichen gelassen, eine Doppelausfahrt zu inszenieren. Bis zum Fahrplan 1984 fand sie sogar regulär statt.


    Während der Plandampf weiter nach Stiege eilte (natürlich nicht allzu schnell), fuhr der Sonderzug ein paar hundert Meter auf dem Abzweig nach Harzgerode.


    Auf den Gleisen des Anschlusses Heizkraftwerk Silberhütte wurden die Güterwagen erneut abgekuppelt und umrangiert. Dann machte sich der Zug nach Straßberg auf.


    Hier die bekannte Ortsdurchfahrt mit Sicht auf den ehemaligen Ort Lindenberg. Das war ein ursprünglich eher armes Dörfchen, das im Anhaltischen lag und dessen Bewohner von der Landwirtschaft auf den kargen Harzer Böden lebten, während das eigentliche Straßberg am anderen Selkeufer im Stolbergischen (später preußisch) durch Bergbau recht wohlhabend war. Eine Erinnerung an den Bergbau ist dort das Besucherberkwerk "Grube Glasebach". Nach Ankunft in Straßberg fuhr der Sonderzug wieder zurück nach Silberhütte, um in weiteren Rangiermanövern die beiden dort abgestellten Güterwagen wieder aufzunehmen.


    In Alexisbad mussten - mittlerweile war es dunkel geworden - wieder die Vorräte aufgefüllt werden.


    Und mit dieser Impression aus Alexisbad möchte ich den Bilderbogen beenden.

    Die Fotofahrt war - wie immer - sehr gut vom FKS organisiert. Die Rangiermotive waren einmal etwas anderes - auch wenn ich hier viel weniger davon zeige, als es Motive gab. Speisen und Getränke während der Fahrt waren in Anzahl und Auswahl mehr als genug vorhanden. Die Mittagspause in Gernrode wurde aus der Küche am Vereinsmuseum gut bestückt, die Fotografen waren alle recht diszipliniert und die Vereinsmitglieder wie immer sehr freundlich und engagiert.