Grünes Licht für die Darßbahn

  • Hallo Forumsfreunde, hallo Hans,

    es freut mich zu lesen, daß die Darßbahn wiederbelebt werden soll. Zingst ist mein zweitliebster Urlaubsort an der Ostsee und ich "durfte" in den vergangenen 20 Jahren in größeren Zeitabständen den Zerfall der Reste der Bahn beobachten. Wenn ich an die Staus vor der Meiningenbrücke denke, sollte die Bahn sich durchaus rentieren. Man muß den Leuten das Bahnfahren nur schmackhaft machen. Der Stau dürfte ein Mittel sein. Auf Usedom habe ich es jedenfalls immer vermieden, mit dem Auto zu fahren. Bahnfahren ist dort deutlich entspannter. Warum sollte das zwischen Barth und Zingst (Prerow) nicht funktionieren.

    Zitat

    Original von viereka
    Hallo Achim,

    In solch einem Scheisszug "durfte" ich auch einmal mitfahren. Extra dafür wurde ein Zug "organisiert", damit von 2 Berufsschulen die Jungs hier aus Halberstadt dorthin fahren "durften", Lehrer (egal ob GST-Mitglied oder nicht; galt auch für die Schüler) waren auch dabei. Einzig die Rückfahrt war interessant, weil da eine 01.5 irgendwo vorgehängt wurde. Allerdings war ein Schüler schneller um zu fragen, ob er vorn auf der Lok mitfahren kann.
    Jedesmal, wenn ich heute nach Prerow komme, freue ich mich, das dieser vormilitärische Dreck vorbei ist.
    Einer unserer Vorgesetzter vom Rat des Kreis sprang damals sogar mit NVA-Leutnantuniform herum und freute sich, weil er seine alte Armeeheimat wieder besuchen konnte. Angeblich wären sie früher sogar mit Panzer über die Brücke zur Halbinsel gefahren. Sollte das wahr gewesen sein, bei der maroden Brücke ???
    Von der FKB wußte ich damals leider noch nichts :( :( um zumindest nach Resten zu schauen. Kann es sein, dass der Zug von Barth zur Brücke sogar geschoben wurde???

    cu
    Hans-Jürgen


    Panzer sind tatsächlich über die Brücke gefahren. Harzlöthi saß zweimal in sowas drin. Genau genommen war es eine Zwillingsflak auf Kettenfahrwerk (Panzerableger). In Bresewitz wurde vom Zug entladen. Dann ging es über die Brücke, am Rande von Zingst entlang durch Müggenburg auf den ehemaligen Flugplatz zum Camping. An der Küste der schönen Ostsee wurde dann geübt, die Kampfflugzeuge der bösen Imperialisten abzuschießen. Das einzig Gute - da kurz hinter Müggenburg das Sperrgebiet begann, blieb dort viel ursprüngliche Natur erhalten. Heute ist das Gebiet unter Naturschutz gestellt und streng geschützt. Richtig ist übrigens, daß die Züge ab Barth bis Bresewitz geschoben wurden. Zumindest war es Mitte der 70er Jahre so. Nach meiner Erinnerung gab es am provisorischen Endpunkt in bzw. bei Bresewitz keine Umsetzmöglichkeit mehr.

    Gruß Henning

    Einmal editiert, zuletzt von schmalspurloethi (29. August 2010 um 22:41)

  • Hallo Hans-Jürgen,

    der Wiederaufbau der Teilstrecke nach Bresewitz hatte zur Folge, dass auch regelmäßig Kettenfahrzeuge zum Truppenübungsplatz Sundische Wiese transportiert werden mussten. Gummibereifte Fahrzeuge wurden auch gern in Barth be- und entladen und traten dann die Fahrt über Barth's Straßen in Richtung Zingst an. Die durften unsere Ernst-Thälmann Straße ( Einbahnstraße, heute Lange Straße ) damals oft sogar entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung befahren.
    Panzer - ich hab selbst NVA T 55 und 72 in Bresewitz gesehen - wurden bis Bresewitz auf der Schiene gefahren und erst dort entladen.
    Ich hab mal eine Nacht im Zingsthof ( evangelisches Kindererholungsheim bei Müggenburg ) erlebt, in der wohl hunderte Panzer zur Übung anrollten. An Schlaf war da natürlich nicht zu denken und die Straße hatte viele schöne Rillen...

    Die Schießübungen aller Art wurden auch im Sommer bei vollem Badebetrieb durchgeführt. Vom Strand bei Müggenburg aus, konnte man beim Seezielschießen dann recht genau die Treffsicherheit unserer Streitkräfte einschätzen. Auch Schießübungen auf Windsäcke und "fliegende Pontons" wurden den Touristen live vorgeführt.
    Die Kehrseite der Medaille ist, dass unschätzbare Natur durch die jahrelange Sperrung vor der Zerstörung durch Massentourismus bewahrt wurde.

    Das GST-Lager in Prerow wird wohl für viele DDR-Bürger in unangenehmer Erinnerung bleiben, auch die sonst eher unauffälligen Lehrer u.ä., die hier ihre militärische Ader pflegten.

    Für alle jüngeren Leser und User aus den alten Bundesländern kurz zur Erklärung.

    Im Rahmen der vormilitärischen Ausbildung wurden alle Jungen zum Ende der 9. Klasse in ein sogenanntes ZV-Lager ( ZV = Zivilverteidigung ) geschickt. Das dauerte 14 Tage bei militärischem Drill für 15jährige. Mit Zivilverteidigung hatte das wenig zu tun, eher mit paramilitärischer Ausbildung. Gleichzeitig wurden die Mädchen immerhin am Heimatort in Uniformen der GST gesteckt und im Umgang bspw. mit der Gasmaske und erster Hilfe geschult.

    In der Berufsausbildung bzw. weiterführender Schulausbildung / Studium waren halbjährliche Reisen für meist eine Woche in ein GST-Lager obligatorisch. Die GST, die Gesellschaft für Sport und Technik, war sozusagen die vormilitärische Kaderschmiede. Sie bot in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften aber auch vielen Jugendlichen ( nicht ohne militärische Hintergedanken ) die Möglichkeit, sich mit Technik zu beschäftigen. So gab es die Möglichkeit Motorsport, Segelfliegerei, Fallschirmsport und auch Funkerei u.a. zu betreiben. Darum gab es auch viele freiwillige Mitglieder und Aktive.
    Die halbjährlichen GST-Lager waren schon spezifiziert und wählten schon zwischen verschiedenen Laufbahnausbildungen aus. So konnte man hier schon die Waffengattung kennenlernen, zu der man im Idealfall später auch einberufen wurde. In der GST fand man sich beim Eintritt in die Lehre sozusagen automatisch wieder. Ich kann mich nicht erinnern, gefragt worden zu sein.

    Das GST-Lager Prerow war das "Paradies" für Mot(orisierte) - Schützen, beherbergte aber zeitweise auch andere Laufbahnen.

    Ich entschied mich für die Funkerlaufbahn und tingelte dann durch verschiedene GST-Lager.

    2 x in der Jugendherberge Ibenhost bei Born ( Darss ), einmal im GST-Lager Prerow und einmal im Hinterhof des GST-Kreisverbandes in Ribnitz-Damgarten. Das war wie Arbeit. Morgens mit dem ( Arbeiter ) Bus in GST-Uniform nach Damgarten. Ein bisserl Funken und Buchstabier-ABC üben und ab 16. 00 Uhr wieder heim.
    Unsere Funkausbilder waren wohl die Ausnahme in der GST-Gilde. Die waren nämlich froh, wenn man sie in Ruhe ließ. So hatten wir lockere Zeiten ohne viel Drill, sogar mit Strandtagen am Darsser Weststrand, während unsere Mot-Schützenkameraden fürchterlich geschleift wurden. Deren Ausbilder waren nämlich richtige Armeefans.


    So, genug für heute. Morgen geht es früh raus.

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Zitat

    Original von schmalspurloethi
    Richtig ist übrigens, daß die Züge ab Barth bis Bresewitz geschoben wurden. Zumindest war es Mitte der 70er Jahre so. Nach meiner Erinnerung gab es am provisorischen Endpunkt in bzw. bei Bresewitz keine Umsetzmöglichkeit mehr.

    Gruß Henning


    Hallo nochmal,

    da muß ich nochmals kurz einhaken.
    In Bresewitz gab und gibt es ein langes Umsetzgleis. Möglich, dass einzelne Züge dorthin geschoben wurden. Aber die Regel war das nicht. Geschoben wurden alle Züge nur die letzten Meter an die Kopframpe mit direkter Zufahrt zur Meiningenbrücke.

    Viele Grüße

    Dampfachim


  • Hallo Achim, hallo Forumsfreunde,

    ich habe nochmal in meinen Erinnerungen gekramt. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob die Truppentransporte ab Barth oder nur das Stück bis zur Entladerampe geschoben wurden. Damals wurde mein Interesse an Eisenbahn und Modellbahn erst wach, sodaß ich meine Beobachtungen während meiner Bahnfahrten nicht systematisch sondern eher nebenher gemacht habe. Trotzdem - irgendwo in einem hinteren Winkel meines Gehirns ist so eine Erinnerung als ob wenigstens einmal ab Barth geschoben wurde. Und ich meine mich erinnern zu können, daß es mit einer V 60 war. Wir sind von Cottbus gekommen, dort mußte ich dienen. Die gesamte Flak-Batterie bestand nur aus vier Geschützen. Die waren auf zwei Flachwagen verladen. Dazu kam noch ein Werkstatt-LKW und ein Ural auf einem Flachwagen und der obligatorische G-Wagen (Mannschaftstransportwagen). Den größten Teil der Bahnfahrt verbrachten wir in regulären Güterzügen bei Cottbus und im Berliner Raum auch mal mit Dampfbespannung. Die paar Schachteln dürfte die V 60 ab Barth problemlos geschafft haben. Für längere Truppentransporte hat man aber sicher die 132er eingesetzt. Gen Süden hingen wir einmal ganz sicher an so einem langen Zug.
    Es ist dies ja ein "Über den Tellerrandthema". Deshalb hoffe ich, ich langweile damit nicht. Aber Truppentransport war eben auch Eisenbahnalltag.

    Gruß Henning

  • Hallo Achim,

    Zitat

    In der GST fand man sich beim Eintritt in die Lehre sozusagen automatisch wieder. Ich kann mich nicht erinnern, gefragt worden zu sein.


    Das hing teilweise von der Geilheit des Schulleiters und der Schulform ab. Bei uns als kommunale Schule war das anders, als in der hiesigen Schule des RAW Halberstadt.

    Zitat

    So hatten wir lockere Zeiten ohne viel Drill, sogar mit Strandtagen am Darsser Weststrand, während unsere Mot-Schützenkameraden fürchterlich geschleift wurden.


    Nun, machmal , wenn die Schüler es kapierten und mitmachten, sah es nur so aus.
    Wir waren auch am Weststrand baden. Badesachen wurden einmal versteckt in der Uniform, beim nächsten mal nackig. Beim Einmarsch wurde ein Lied gesungen und da die Truppen auf dem Weg vom Strand zum Lager nicht die Füße hochhoben, waren wir natürlich sehr staubig und sahen so richtig "kämperisch" aus.

    Ich hoffe, Du warst nicht gerade zur der Zeit dort, als Halberstadt auch da war. Unsere Menschenkinder hatten nämlich eines Abends einen Handtuchkrieg gegen die "Fischköppe " (Tschuldigung :) :) vom Zaun gebrochen.Wir wurden damals auch nicht "Beste Hundertschaft". Darüber bin ich heute noch traurig...
    cu
    Hans-Jürgen

    Einmal editiert, zuletzt von viereka (30. August 2010 um 16:14)

  • Hallo Hans-Jürgen,

    auch wenn wir das Thema des Forums nun langsam verlassen, noch kurz ein paar Worte zum GST-Lager.

    Im "richtigen" GST-Lager Prerow haben wir irgendwie nichts vom Wettkampf um die beste Hundertschaft mitbekommen und woher die vielen "Rekruten" kamen, weiß ich auch nicht mehr.
    Unsere Ausbilder hielten sich und uns aus vielen Zeremonien heraus und so gab es eigentlich unsererseits keine echte Konkurrenz zu den vielen GST-lern.

    Wir waren auch nur ein verschwindend kleiner "Haufen" aus ungefähr 10-12 Leuten pro Jahrgang aus dem Kreis Ribnitz-Damgarten. Unser Appell fand eigentlich auch immer nur am Rande statt und an Frühsport und vielen Leibesertüchtigungen hatten unsere Chefs auch kein Interesse.
    Wir haben nur tagelang Funken geübt für die Kreis- und Bezirksmeisterschaft. Das war unseren Ausbildern so furchtbar wichtig, so dass sie einen richtigen Tunnelblick auf diese Meisterschaften entwickelten und uns vom Lageralltag weitgehend abschirmten.

    Strandwanderungen wurden von uns in folgender Art durchgeführt:

    Wir hatten für unsere Funkstationen eigentlich immer ein-Strich-kein Strich Planen mit.
    So wurden alle möglichen Ausrüstungen auf den Rücken geschnallt. Etliche Funkgeräte und viel Krimskrams wurden geschultert und die Truppe unter strengem Geschrei unserer Ausbilder, meist garniert mit irgendwelchen Drohungen, im Laufschritt in Marsch gesetzt. Unsere Schützenkameraden haben uns wohl richtig bedauert. Der Laufschritt mündete recht schnell in gemütlichen Spazierschritt und unser Weg führte uns ins erstbeste Gestrüpp, wo wir das Tarnen unserer Ausrüstung ausgiebig üben konnten. Von dort ging es im Spazierschritt zum Strand.
    Da wir bei der Rückkehr meist noch nasse Haare hatten, wurde vor dem Lager natürlich wieder ein Sprint eingelegt, so dass wir "völlig durchgeschwitzt" und "erschöpft" bei unseren Kameraden ankamen. Der Schwindel ist damals nie aufgefallen.

    Um jetzt aber endgültig wieder einen Eisenbahnbezug herzustellen.
    Die Jugendherberge Ibenhorst hatte damals einen interessanten Lagerschuppen ( später Unterkunft für Erzieher ).
    Es handelte sich um den Wagenkasten des Spreeewaldwagens 900-201. Mitte der 90er war er dort noch vorhanden. Irgendwann war er aber weg. Wurde er verschrottet, oder verkauft?

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo Achim,
    Der vorletzte Abschnitt in Deinem Beitrag kommt mir bekannt vor. :) :)
    Allerdings gab es solche Dinge eben immer in Abhängigkeit von den jeweiligen Ausbildern. Manche waren Arschlö... und andere handhabten es so, wie Du es beschrieben hast. Und dann gab es noch welche, die den Schein wahren wollten.
    Als wir mal am Strand (100 m vom Ausbildungsgelände entfernt) Fußball spielten kam eine andere Truppe und die haben sich gleich erschreckt, weil sie sich "erwischt" fühlten.
    Und dann mußten die Jungs im Gleichschritt und in Reihe und Glied ins Wasser gehen. Wir stellten uns dann die Frage, wann das Kommando "Im Gleichschwimm." kommt. :) :)
    Trotzdem man sich die Sache einigermaßen erträglich gemacht hat, steht fest: Ich möchte nie wiede dass Jugendliche solchen Scheiss erleben müssen.
    So, und jetzt lasse ich das Thema auch.
    Ich kann mich noch an den Zingster Bahnhof erinnern, da mein Vater in Zingst einen Urlaubsplatz in der Nähe des Bahnhofes von seinem Betrieb bekommen hat. Aber ich denke, in den 60iger fuhr da nichts mehr.
    Übrigens ist mir diese Ortschaft jetzt etwas zu stark gewachsen.....
    Da haben an der Ostssee trotz Modernisierung einige andere Orte mehr ihre "Gemütlichkeit" behalten und die sind nicht allzu weit von Zingst entfernt.
    cu
    Hans-Jürgen

  • Hallo Hans-Jürgen,

    der Zingster Bahnhof wurde spätestens 1947 von seinen Gleisen befreit. Die Freunde hatten Verwendung dafür. ;)

    Zingst ist in der Tat sehr stark gewachsen. Das ist aber in vielen Badeorten so und leider streben auch viele Bäder hier auf Rügen immer noch nach höherem.

    GST nie wieder. Das kann ich ganz dick unterstreichen, denn trotz aller Strandausflüge war das für uns Jugendliche eine üble Sache.

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Ein Hallo an alle Fans der Darßbahn,

    die Europhie bzg. der Darßbahn kann ich schon nachvoll ziehen denn Ihr wohnt ja nicht unmittelbar am alten Bahndamm in Zingst. Sollte sie kommen wird es Anlieger geben deren Grundstücke dann keine Zufahrt mehr haben bzw. die Werte der Grundstücke ins Bodenlose gehen. Gibt es jemand von Euch der genauere Kenntniss über den zukünftigen Streckenverlauf hat (von Meinigenbrücke bis Zingster Bahnhof).

    Gruß bauerngarten

  • Hallo,

    in Sachen Detailplanung müsstest Du Dich wohl an die Usedomer Bäderbahn wenden. Aber, dass jemand nicht mehr auf sein Grundstück kommt, gehört wohl eindeutig ins Reich der Fabel.
    Die Wiederbebauung alter Bahndämme ist ja kein einmaliger Vorgang. Irgendwann im Zuge des Planfeststellungsverfahrens, kannst Du ja Deine Bedenken auch ganz offiziell vorbringen. Aber, dass Du nur noch mit dem Hubschrauber auf Dein Grundstück kommst, brauchst Du wohl nicht befürchten.

    Du sprichst aber ganz beiläufig auch wieder den Knackpunkt an. Die Meiningenbrücke wird das Vorhaben wohl noch etwas in die Länge ziehen.
    Kannst ja Dein Land noch vorher an einen Ahnungslosen verkaufen:hot:.

    Viele Grüße

    Dampfachim


    geboren in Barth auf der anderen Seite des Boddens