Die Bilder des Dr. Stuckenbröker - Reise ins Mansfelder Revier am 21.04.1984 [Teil 3]

  • Hallo Thomas,

    "Der 0092 ist im Eigentum der MaLoWa und war noch von dieser als Personenzugwagen hergerichtet worden. ... Gemäß eines uralten PK (Autor AM) befindet sich der Wagen seit
    11/2003 in HU, aber eigentlich "Warten auf HU".
    Ein "Neuaufbau" erfolgte nicht- verwechselst Du das mit dem 0091 (ex 970-795)?"

    Oh - ja, dann war der Neustrelitzer mit dem Kasten vom 970-335 ex Kirchberg bzw. Perleberg der schön restaurierte Wagen!
    Da hätten wir es wieder einmal - niemand ist fehlerfrei. Ich ändere es oben ...

    Danke und viele Grüße aus Dresden

    André

  • Hallo allerseits!

    Die sä. Gattungen 711 und 720 kann man "ganz leicht" auseinanderhalten!
    Beide Gattungen besitzen einen Wagenkasten in Holzbauweise.
    Während aber bei der Gattung 711 das "Fachwerk" sichtbar ist, denn nur die "Fächer" sind
    mittels senkrechter Leisten ausgefacht, ist bei der Gattung 720 der gesamte Kasten mit
    senkrechten Brettern verkleidet.

    Wenn man sich also den 0091 des MBB e.V. anschaut, so sieht man die waagerechten
    Längsträger über den Fenstern und die senkrechten Säulen neben den Fenstern (und etwas auch die oberen und unteren waagerechten Fensterumrahmungen) frei sichtbar, wohingegen
    bei einem Vergleichswagen der Gattung 720 (z.B. 970-402 der IGP) die "Verbretterung"
    durchgängig von Dachkannte bis Langträger erfolgt ist. Das beinhaltet auch die kurzen
    Leisten zwischen Dachkannte und Fensteroberkannte, wo beim 711 ein waagerechter
    Längsträger zu sehen ist.

    Nun müssen mir AM und andere Fachleute mal weiterhelfen!
    Ich kenne momentan nur den 0091 des MBB e.V. und den 970-318 aus Schönheide als
    Gattung 711, wobei letzterer blechverkleidet ist und deshalb nicht gleich vom "720" zu unterscheiden ist- gibt es noch mehr? Und wo?

    Es verbleibt in der Hoffnung, Euch nicht zu sehr verwirrt zu haben,

    eure Meckerbulette

  • Hallo Schmalspurbahnfreunde,

    da lesbares Interesse an dem "Knastwagen" 0092 (ex 17-01) besteht möchte ich auch ein paar Informationen zu seinem Einsatz im Mansfeldischen loswerden.

    Wie schon geschrieben, gelangte der Wagen 1972 zum Mansfeld-Kombinat. Warum er überhaupt beschafft wurde, ist mir unklar. Einerseits war der Reiseverkehr damals bereits eingestellt, andererseits gab es noch zahlreiche Reisezugwagen mansfelder Bauart, welche auf die Verschrottung warteten. Diese standen in Helbra und dienten uns als Abenteuerspielplatz (bis wir verjagt wurden, doch wir kamen immer wieder). Kam man mit der Verschrottung nicht nach, wurden die Wagen einfach umgekippt und auf dem so freigewordenen Gleis konnte wieder Nachschub geliefert werden.

    Sofort nach Anlieferung wurde dem Wagen 17-01 eine einlösige Druckluftbremse eingebaut sowie die Zug- und Stoßvorrichtung mansfelder Bauart montiert. Dafür mußte er auch "höhergelegt" werden, die Puffer sind in Mansfeld höher als auf anderen 750mm-Bahnen. Fortan diente das Fahrzeug als Unterkunftswagen für Arbeitszüge.

    Im Jahr 1977 führte der DMV eine Sonderfahrt auf der Mansfelder Bergwerksbahn durch. Der Zug bestand aus Lok 37 (V 10 C) und Wagen 17-01. Zu dieser Fahrt zeigte sich der Wagen noch recht dem Ursprungszustand entsprechend. Die Fahrt sollte über die Gesamtstrecke Hettstedt-Eisleben gehen. In Helbra angekommen wurde dann jedoch kurzerhand untersagt, das Streckenstück bis Eisleben zu befahren. Es war ja auch seit 1972 stillgelegt, aber noch vorhanden.
    Für Lok 37 sollte es aber die Abschiedsfahrt werden, obwohl es keiner ahnte: Zum Feierabend bemerkte der Lokführer einen Rahmenriß. Dieser bedeutete dann das Aus der Lokomotive!

    Danach erhielt der Wagen seine Vergitterung vor den Fenstern (der 17-02, heute 0093 auch). Fortan wurden auch Strafgefangene für Gleisbauarbeiten herangezogen. Ich erinnere mich an einen Einsatz, bei dem zwischen Bocksthal und Helbra in Höhe der Schule in Benndorf Schwellen gewechselt wurden. Die Gefangenen waren zur Unterscheidung gegenüber den "normalen" Gleisbauern durch einen weißen Streifen an Ärmeln und Hosenbeinen der Arbeitsanzüge gekennzeichnet. Sie wurden während der Arbeit streng bewacht, bewaffnete Hundeführer waren immer dabei. Mit dem Bus wurden die Gefangenen von Volkstedt bis Helbra gefahren, dort erfolgte der Umstieg in die "Knastwagen". Gefangene wurden in allen Bereichen des Mansfeld-Kombinates eingesetzt. Am besten hatten es die, welche in den Schächten arbeiteten. Dort bestand keine Fluchtgefahr, sie wurden einfach in die Brigaden integriert (und konnten auch vom Schachtschnaps naschen). Die Gefangenen kamen nicht nur aus Volkstedt, die ehemalige Wäscherei am Niewandtschacht bei Siersleben arbeitete mit Frauen aus dem Gefängnis "Roter Ochse" in Halle.

    1980 kam Wagen 17-01 zu großer Ehre. Die Mansfelder Bergwerksbahn beging ihre Hundertjahrfeier. Im Herbst des Jahres verkehrte deshalb ein Sonderzug. Er bestand aus mehreren mansfeldtypischen Güterwagen und an der Spitze lief der 17-01! Alle Wagen, auch die Güterwagen, waren frisch hauptuntersucht und spiegelten ein gutes Spektrum der mansfelder Wagen wider. Zu diesem Zweck wurden dem 17-01 die Gitter abgenommen und er bekam kleine Tische, damit die geladenen Herrschaften dort während der Fahrt ihre Getränke einnehmen konnten. Zuglok war übrigens Lok 7 (heute 99 4011).

    Danach diente der Wagen wieder seinem gewohnten Zweck. Wann die Arbeit mit Strafgefangenen endete, weiß ich leider nicht. Der Wagen lief danach trotzdem noch teilweise mit Gittern vor den Fenstern.

    Ende der 80er Jahre erhielt der Wagen noch einmal einen großen Umbau. Es wurde jedes zweite Fenster entfernt, seitliche Ladetüren wurden eingebaut und die schönen geschwungenen sächsischen Bühnengeländer durch solche gerader Bauart ersetzt (einhergehend mit dem Einbau neuer, gerader Kopfstücke am Rahmen).

    Als im Jahr 1990 die ersten Museumszüge verkehrten, war es auch 17-01, welcher als erster Wagen dafür hergerichtet wurde. Es wurden zwar die seitlichen Türen wieder entfernt, jedoch unterblieb der Einbau der fehlenden Fenster. Auch die Beblechung war nicht mehr original. Er war nun nicht der Schönste, aber der Einzige! Somit stellt er aber auch einen wichtigen Meilenstein für die MBB im Museumsverkehr dar.

    Heute heißt der 17-01 0092 und steht ohne Fristen noch im Zustand der Aufnahme des Museumsverkehrs in Benndorf. Sicher wird er eines Tages wieder im Originalzustand durch das Mansfelder Land fahren. Wann das sein wird, steht noch nicht fest. Die MBB hat mittlerweile einen sehr schönen Wagenpark und es gibt neben den Wagen noch viele ander Baustellen ...

    Von den oben beschrieben Einsätzen des Wagens besitze ich Fotos, habe jedoch keine Urheberrechte an denen. Somit kann ich sie leider nicht einstellen. Vielleicht kann aber der eine oder andere User hier aushelfen?

    Danke an dieser Stelle für die Ausführungen zum Einsatz dieses Wagens in Sachsen, da habe ich wieder was gelernt!


    Viele Grüße

    Stangendiesel

  • Hallo "Meckerbulette",

    mit Holzbeplankung ist von der Gattung 711 der Wagen 970-328 im Sächsischen Schmalspurbahn-Museum (Gert: ;)) erhalten geblieben. Er verfügt jedoch NICHT über den von Dir beschriebenen hölzernen Längsträger über den Fenstern.
    Auch auf Aufnahmen von Wagen der Gattung 711 aus den dreißiger Jahren ist dieser nicht immer zu sehen - in der "Wagenbibel" allerdings beim späteren 970-337 um 1950 auf siehe Seite 22. Ebenfalls im Schmalspuralbum Band IX Seite 115 beim 383K (späterer 970-340).

    Dein Erkennungsmerkmal greift damit eben leider nur zum Teil.
    Lediglich anhand der sichtbar großen Fenster eine Gattung zu bestimmen, bleibt für mich unmöglich - ein Fehler, der sich leider auch in verschiedenen Bänden der Schmalspuralben finden lässt, in denen oft willkürlich von Wagen der Gattung 720 geschrieben worden ist, obwohl es in einigen Fällen möglicherweise Wagen der Gattung 711 waren ...

    Noch ein Hinweis zum Mansfelder 970-377:
    Mitte der dreißiger Jahre gehörte er zum Fahrzeugpark der bis 1938 schmalspurigen Müglitztalbahn, was durch ein Foto im Band IX auf Seite 119 belegt ist.

    Herzliche Grüße

    AM

  • Zitat

    Original von A. Marks

    Noch ein Hinweis zum Mansfelder 970-377:
    Mitte der dreißiger Jahre gehörte er zum Fahrzeugpark der bis 1938 schmalspurigen Müglitztalbahn, was durch ein Foto im Band IX auf Seite 119 belegt ist.

    Herzliche Grüße

    AM

    Danke Herr Marks, denn nun finde ich den Wagen noch viel interessanter. :)

    Ich denke mal, schon alleine deswegen ist dieser Wagen besonders erhaltungswürdig. Von der schmalspurigen Müglitztalbahn wissen heutzutage sicher nur die wenigen. :B
    (Na gut, ich zum Beispiel weiß es ja nur, anhand der ehemaligen Brückenreste dort)

    MfG Matthias

    Vom Fuße des Windberges grüße ich euch...

    Matthias Fitz

  • Hallo Antré!

    Vielleicht liegen die Abweichungen im äusseren Erscheinungsbild der Gattung 711 daran, dass schon frühzeitig bei Aufarbeitungen die Wagen wie die Traglaster mit durchgehenden
    Brettern verschalt wurden, da das technologisch einfacher war (später wurde ja gleich Blech genommen). Nach meiner Erinnerung wurde das Unterscheidungsmerkmal in der "Bibel"
    erläutert.

    MfG Thomas

  • Hallo

    Ich möchte mich noch herzlich bei :

    Thomas , Der Mansfelder und Stangendiesel
    für die gemachten Ausführungen zu dem Wagen bedanken.
    War alles in allem sehr aufschlußreich!!!
    Wirklich interessant , was es alles so gab.

    Hans
    aus Da-Hop

    mit freundlichen Grüßen,

    Hans
    aus SRB.
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    icon_wink.gif Wer gut schmert , Der gut fährt icon_wink.gif

  • Hallo,

    hier mal noch ein paar aktuelle Bilder vom "Knastwagen" 17-01, jetzt 0092 von vorletzten Wochenende:


    0092 und 0088 warten in Benndorf auf HU



    Noch zwei Jahre, dann wartet er 10 Jahre auf die HU, ich glaube, das wird er leider schaffen



    Noch ein Blick von der anderen Seite auf dieses besondere Fahrzeug der Mansfelder Werkbahngeschichte

    Alle Fotos: © Thomas Gödeke - Wurzen -


    Der Wurzener :wink:


    .