Grünes Licht für die Darßbahn

  • Hallo Freunde der Darßbahn,

    auch ich habe gestern mit Bedauern die Pressemitteilungen über das Aus des Darßbahnprojektes gelesen.
    Anstatt dem FC Hansa Rostock die Steuerschulden zu erlassen und noch weitere Kredite zu gewähren nur um ein Aus des Fußballclubs abzuwenden, wäre es tatsächlich sinnvoller gewesen, dass sich die Landesregierung für ein Infrastrukturprojekt in einer Urlaubsregion stark macht! So ein Projekt halte ich für sinnvoller und nachhaltiger für das Land und die Bevölkerung als die Unterstützung eines eher 4.Klassigen Fußballvereins!

    Gruß aus Kühlungsborn

    Robert D.

  • Das Problem bei der ganzen Sache, wie immer: alle Lobbyvereinigungen, die in der Schiene ihren natürlichen Feind sehen.

    Der Mensch agiert selten rational und meist egoistisch. So ist das nun mal. Deshalb werden Gesetze und Regelungen, flankiert von Sanktionen erlassen. Ich bin selbst passionierter Autofahrer - UND Eisenbahnfreund. Natürlich benutze ich sehr selten die bahn, wenn überhaupt. In Teilen liegt das natürlich, wie oben beschrieben, an mir selbst, aber mehrheitlich auch an der Bahn, einem Staatsbetrieb und an der lobbygeführten Dudenhöfer-Politik. In einem anderen Forum schrieb ich bereits, daß es aberwitzig ist, dem Individualverkehr die Mär von der (künstlichen) Verknappung der Kraftstoff-Ressourcen vorzuhalten, andererseits aber die Schiene immer weiter zurückgedrängt und parallel dazu Giga-Liner (zum 2. Mal) "getestet" und die Flugindustrie weiterhin von einer Kerosinsteuer befreit bleibt. Die Medien, egal ob regional, dem lokalen Gewerbe geneigt oder überregional und/oder meinungsmanipulierend; alle unterstützen den Straßenverkehr.

    Ich persönlich würde eine Maut favorisieren. Natürlich sind A- und Abreise frei, Einheimische sind mautbefreit bzw. werden durch ein stark reglementiertes Orts-Leitsystem kanalisiert. Die Einnahmen dieser Maut fließen in den Unterhalt resp. eine Anschlußfinanzierung z. B. dieser Darssbahn.

    Wie ich eingangs bereits schrieb, bin ich selbst überzeugter und verwöhnter Autofahrer. Bei unserem letzten Usedom-Urlaub sind wir aber mehrheitlich mit der Bäderbahn unterwegs gewesen. Und - auch auf Usedom liegen nicht alle Bf und Hp direkt im Ort. Was die Preisstellung betrifft, so besteht noch Nachbesserungsbedarf, will man denn eine dauerhafte und konkurenzlose Alternative zur Straße darstellen. Aber mit dem entsprechenden politischen Willen (und Druck) ist das machbar.

    Grüße, der Ostseestern

    Justitia in suo cuique tribuendo cernitur

    Einmal editiert, zuletzt von Ostseestern (6. Oktober 2012 um 19:05)

  • Hallo Ostseestern,

    Zitat

    Ich persönlich würde eine Maut favorisieren. Natürlich sind A- und Abreise frei, Einheimische sind mautbefreit bzw. werden durch ein stark reglementiertes Orts-Leitsystem kanalisiert. Die Einnahmen dieser Maut fließen in den Unterhalt resp. eine Anschlußfinanzierung z. B. dieser Darssbahn.

    Meinst du der Bürger ist bereit noch mehr Steuern abzutreten? Sollte dein Vorschlag jetzt so gemeint sein, dass nur die Urlauber der Darß-Region eine Maut zugunsten des Bahnprojektes zahlen sollten, dann werden diese Urlauber wohl auf andere Urlaubsregionen in MV ausweichen.

    Es ist wirklich merkwürdig wie fernab unsere Politiker der Realität sind, dass nichtmal mehr Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag bedeutung haben.

    Gruß aus Kühlungsborn

    Robert

  • Hallo Robert,

    zugegeben, mein Vorschlag ist gewagt. Aber ich glaube nicht, dass so eine Regelung für eine Abwanderung der Ostsee-Urlauber sorgen würde. Vielleicht hätte ich mich konkretisieren müssen. Mein Vorschlag ist natürlich nur realisierbar, wenn neben Zingst auch Prerow, Born, Wustrow und Ahrenshoop mit der Bahn erreichbar wären. Dann hätte man eine Ausgangslage analog Usedom.

    Ich kenne beide Seiten sehr gut. Als ehemaliger Ostseebad-Bewohner kenne ich die Situation der mit Urlauber-Autos verstopten kleinen Straßen nur zu gut. Dreck, Lärm, Ärger um freie Parkplätze usw. Nun bin ich ja seit einigen Jahren selbst in der Situation, Urlauber in MeckPomm zu sein. Und ich muß sagen, man verzichtet als Urlauber gern mal auf's Auto - wenn Preis und Angebot der Bahn stimmen. Der Molli ist mit seiner Preisstellung mittlerweile grenzwertig, bedenkt man doch, dass er mehrheitlich von Förderungen getragen wird. Eine Alternative zum Auto, wie es anfangs mal angedacht war, ist er längst nicht mehr. Dieser Umstand wird der Betreibergesellschaft über kurz oder lang auch noch auf die Füße fallen.

    Holger Dietz' Aussage ist dagegen völlig daneben, großer Unsinn.

    Statistikzahlen sind das Eine, Realität das andere. Zufälligerweise kenne ich Berlin ganz gut. ;) Und was definitiv UND belegbar NICHT abnimmt, sind Autos, sprich Individualverkehr. Natürlich gibt es die Spinner mit 'ner Latte aus dem AAA (Anwälte, Architekten, Ärzte)-Bezirk Prenzelberg, die Carsharing und andere lustige Projekte am laufen halten. Spätestens, wenn sie Familie gründen (und das ist aus einer aktuellen Entwicklungsstudie der Bonhoefer-Stiftung), verlegen diese hippen Jungfamilien ihre Wohnsitze in die suburbanen Randbezirke, engagieren sich fortan in der Fluglärm-Initiative, um ihr frisch erworbenes Eigenheim-Grundstück zu verteidigen. Fahrrad und S-Bahn-Umweltticket sind S-Max und Fiesta gewichen, die sich in die allmorgendlichen Staus auf B1/B5, Adlergestell, BAB 113/117/115/111, Heerstraße usw. begeben.

    Die von Herrn Dietz genannte Generation, die mit Fahrrädern ihre Reiseziele ansteuert, gibt es in MeckPomm doch nur zu einem verschwindend geringen Anteil. Die meisten von ihnen radeln tatsächlich - aber in Berlin und Hamburg. Warum wohl forcieren einige politische Kräfte die Auto-Führerschein-Freigabe bereits ab 16? Genau, um dem ÖPNV eine weitere Klientel zu entziehen und seine Daseinsberechtigung noch weiter zu beschneiden. Flexibilität ist das tragende Wort. Und gerade in einem Flächenland wie MeckPomm müssen die wenigen, noch nicht abgewanderten Arbeitskräfte oft mehr als 50 km pro Tour zu ihren Reisezielen oder besser, ihrer Arbeitsstelle zurücklegen. Stichwort Pendler. Fragen Sie mal, wer von denen mit dem Fahrrad fahren möchte.

    Grüße, der Ostseestern

    Justitia in suo cuique tribuendo cernitur

  • Hallo Leute,

    hier geht's ja hoch her.

    Die Sache ist eigentlich ganz einfach.
    Seit Jahren streiten die Länderverkehrsminister und der Bund um den Verteilerschlüssel für die Regionalisierungsmittel, die der Bund den Ländern ausreicht und die von den Ländern dann für den Einkauf von Nahverkehrsleistungen genutzt werden.
    Finanzkräftige und bevölkerungsreiche Bundelsländer, allen voran NRW, stellen seit Jahren die Finanzierung in Frage und versuchen, die Aus- bzw. Verteilung der Gelder direkt und unmittelbar an die Bevölkerungszahlen zu koppeln, was auf den ersten Blick ja auch durchaus sinnvoll ist.

    Nun ist Mecklenburg-Vorpommern aber ein ausgesprochenes Flächenland mit sehr geringer Einwohnerzahl. Strikt nach obigem Konzept, würde es wohl bald gar keinen Nahverkehr außerhalb der Ballungszentren geben, weil einfach nicht genug Geld aus Berlin kommt. Die eigenen Einnahmen des Landes können das bei weitem nicht deckeln.
    Dieser Streit ums liebe Geld ist wohl so alt, wie die Regionalisierung selbst.

    Nun hatte das Land, nach dem bisher gültigen Verteilerschlüssel, bestimmte Projekte ( auch den Wiederaufbau der Darssbahn ) angeschoben, bzw. Verkehre ausgeschrieben. VM Schlotmann hat sich feiern lassen und war ganz sicher ( ist es persönlich u.U. immer noch ) auch vom Engagement der UBB auf dem Darss beeindruckt. Das ist ja noch gar nicht lange her.

    Vor einigen Wochen wendete sich aber das Blatt, nachdem die Verteilung der Gelder wieder einmal zu Ungunsten des Landes M-V geregelt wurde.
    Das nun fehlende Geld konnte natürlich nicht abgefedert werden, so daß das Land wieder einmal mit der Abbestellung von Strecken ( Neustrelitz - Mirow ), Zügen und dem Abbruch von Ausschreibungen reagierte und so dem SPNV im Land einen erneuten herben Dämpfer verpasste. Wenn man nun den schlimmsten Fall annimt und vermutet, daß auch keine geänderten neuen Ausschreibungen erfolgen, wie kahl ist die Streckenkarte denn dann wieder. Viel ist ja vom Nebennetz im Land nicht mehr übrig.

    Für die Darssbahn ist einfach kein Geld mehr da und welcher, von den Kürzungen Betroffene, hätte denn noch Verständnis für dieses Neubauprojekt, das bekanntlich nie unumstritten war.

    Also gibt es wieder einmal noch weniger Alternativen zum Auto. Die Realität im Land sieht ja schon seit Jahren so aus, daß der gesamte ÖPNV viel zu lückenhaft ist, um in der Fläche für den Berufsverkehr zu taugen.

    Aber auch für die Autohasser und Dauergegner aller Verkehrsprojekte gibt es einen neuen Silberstreif am Horizont.

    Die Reederei Scandlines steht nach Aussagen aus dem dortigen Betriebsrat vor der Zerschlagung. Lukrative Fährlinien sollen zwar bei Scandlines bleiben, andere verkauft werden. Die traditionsreiche Königslinie aber, bleibt nach diesem Konzept vsl. auf der Strecke.
    Das gibt wieder Platz auf Rügens Straßen und Schienen. Die Gegner der B 96 n bekommen womöglich auch wieder Aufwind bei ihrem Kampf gegen die ihnen so verhasste Straße.

    http://www.ndr.de/regional/meckl…ndlines175.html

    http://www.ndr.de/fernsehen/send…gazin10613.html


    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Alles richtig, Achim. Aber hier zeigt sich wieder einmal, wie krank und langfristig selbstzerstörerisch unser Wirtschaftssystem ist. Wir vernichten nach Plan Substanz! Das macht auch die so genannte wirtschaftliche Stabilität in unserem Lande aus. Verkaufen, einsparen, rationalisieren, outsourcen ... Und alles nur, politisch gesehen, für jeweils eine Legislaturperiode. Nachhaltigkeit - Fehlanzeige. Welche Vorteile haben denn Scheinprivatisierung etc. bisher gebracht? Keine! Nur andere Rechenarten sind hinzu gekommen. Investitionen, die der Staat zu DB/DR-Zeiten direkt in die Unternehmen investiert hat, werden nun "gespart". Und die Belastung entfällt auf der Haben-Seite - erstmal. Die Gelder fließen aber trotzdem, nur über neue Kanäle, die aber statistsich und verwaltungsrechtlich anders beurteilt werden. Alles eine Frage der Betrachtungsweise und der jeweiligen Rechenmethode. Gemäß offizieller Lesart ist Deutschlands Wirtschaft und Staatshaushalt quasi immun gegen die derzeitige angebliche Finanzkrise. Würde man aber, wie in anderen Volkswirtschaften auch, Renten und Pesionsansprüche gegen den aktuellen Saldo der deutschen GuV rechnen, stünden wir ähnlich prekär da, wie bspweise Irland.

    Es wird irgendwann den großen Knall geben müssen, mehr noch als 2008 mit der Immobilienblase. Wer sich mit der Thematik beschäftigt, wird schnell feststellen, dass nicht die Staaten verschuldet sind, sondern die Kreditinstitute. Auch die großen Unternehmen, die alle mit physisch nicht vorhandenem Geld rechnen und spekulieren, den Staat, also die Allgemeinheit erpressen, wären existentiell bedroht, würde die Börsen- und Euro-Blase platzen. Ab und an hört man immer wieder: Gewinne privatisieren, Verluste solidarisieren. Das kann doch nicht ewig so gehen. Und egal ob Länderfinanzausgleich oder andere Transferunionen - immer hört man, dass der eine dem anderen nichts gönnt oder meint, ungerecht behandelt zu werden. Dann müssen wir die förderalistische Staatsform ersetzen durch eine zentralistische. Förderalismus ist Kleinstaaterei. Eine Staatsform, deren Überwindung in den Geschichtsbüchern als Fortschritt der Gesellschaftsentwicklung im 19. Jh., an der Schwelle der industriellen Revolution , besonders hervorgehoben wird. Förderalismus unterstützt Lobbyismus von der untersten Stufe auf lokaler Ebene bis auf Bundesebene und sorgt so für Stagnation. Mit dieser Gesellschaftsform wird sich politsiches Umdenken, gerade auch in der Verkehrspolitik nie realisieren lassen.

    Grüße, der Ostseestern

    Justitia in suo cuique tribuendo cernitur

  • Hallo Ostseestern,

    wenn Du meine Aussage schon als "großen Unsinn" bezeichnest, dann bitte das Gegenteil mit Fakten belegen, u. nicht nur mit persönlichem Empfinden.
    Statistiken stellen eben auch Realität dar.
    Laut "Berliner Zeitung" geht in Berlin die Ausstattung der Haushalte mit eigenem PKW seit einigen Jahren kontinuierlich zurück, u. hat jetzt die 50% unterschritten.
    Ob das Deiner persönlichen Wahrnehmung entspricht, oder nicht, sei völlig dahingestellt.
    Bei der Berliner Straßenbahn beobachten wir seit zwei, drei Jahren eine starke Zunahme der Fahrgastzahlen, so daß unsere Flotte immer häufiger an der Kapazitätsgrenze angekommen ist. Die Beschaffung der kurzen "Flexis" wurde gerade gegen die langen geändert.
    Und das betrifft beileibe nicht nur die "hippen" Jungfamilien vom Prenzlberg. Das betrifft zunehmend ganz andere Quartiere u. Zielgruppen. Da kennst Du Berlin wohl noch nicht gut genug.
    Als ich vor wenigen Wochen im RE nach Rügen gereist bin, bestimmten Familien mit Kindern das Publikum. Die fünf Doppeldecker waren sehr gut besetzt. Und das im April!
    Etwa die Hälfte stieg in Züssow aus, u. ging zur UBB. Der Rest fuhr bis Stralsund.
    Urlaubsorte, die ihren Schienenanschluß verlieren, büßen oft mit einem ungeahnten Besucherrückgang (siehe Kipsdorf, Bad Frankenhausen, Stolberg)

    Und wieso eigentlich "Spinner mit `ner Latte"?

    Vertrittst Du hier die Autolobby, u. versuchst sinnvolle Projekte madig zu reden?

    Laß doch mal die Kutsche stehen, u. reise mit dem Ostseeticket nach Rügen!

    Viele Grüße,

    Holger

  • Zitat

    Original von Ostseestern
    Alles richtig, Achim. Aber hier zeigt sich wieder einmal, wie krank und langfristig selbstzerstörerisch unser Wirtschaftssystem ist. ...


    Hallo Ostseestrern,

    das will ich ja alles nicht in Abrede stellen, aber das werden wir alle nicht ändern und auf den großen Knall brauchen wir auch nicht warten.

    Der Darssbahn wird das auch nicht helfen.

    Im Übrigen ist auch auf Rügen sehr wohl zu bemerken, daß viele Touristen nach wie vor, oder mehr denn je, mit der Bahn anreisen.
    Wenn ich bestimmte Sonderangebote der Bahn mit den aktuellen Spritpreisen und den Zuständen auf der Straße vergleiche, ist das auch nicht unbedingt überraschend.

    Und wer absolut nicht auf's Auto verzichten mag, kann ja immer noch eins mieten.

    Aber den Pendlern, auf dem platten Land sind das ja fast 100 % der Arbeitnehmer, wird das alles nicht helfen, weil es mit dem seit Jahren ausgedünnten Nahverkehrsangebot meist nicht möglich ist, pünktlich zur Arbeit, oder nach Hause zu kommen. Und wenn die Schicht dann nicht rechtzeitig zu Ende ist...


    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo Holger,

    die Zahlen können SO nicht stimmen! Wir haben genau den gegensätzlichen Trend verspürt - und das ist subjektiv als auch objektiv fundiert.

    Stichwort geldwerter Vorteil, Arbeitnehmer-Zusatzvergütung usw. u.ä. Parallel zu "Deinem" Rückgang der privat zugelassenen PKW ist der Anteil an Firmenwagen proportional gestiegen. Quellen dafür bieten nicht nur unsere angeschlossenen Institute und Bundesbehörden, sondern auch die Zulassungsstatistiken. Einen großen Anteil an dieser Entwicklung hat auch die Autoindustrie, die schnell gemerkt hat, dass so den rückläufigen Verkäufen an private Haushalte entgegen gewirkt werdne kann und weiterhin eine Marktführerschaft gewisser Marken deklariert werden kann. Marketingtechnisch natürlich äußerst wichtig, weil so dem geneigten Kunden suggeriert wird, das XY eben immer noch DER Autobauer ist. Würde man alle Zulassungen für Firmenpools, auch der öffentlichen Hand und Vermietungen aus den aktuellen Zulassungsstatistiken herausrechnen, befänden sich einige deutsche und europäische Autobauer auf dem Absatzniveau chinesischer Importhändler.

    Noch ein weiteres Stichwort: überregionaler Zuzug und Gentrifizierung. Wie gesagt, Statistiken sind das Eine.

    Grüße, der Ostseestern

    Justitia in suo cuique tribuendo cernitur

  • Hallo liebe Freunde der Darssbahn,


    ich führe mal wieder diesen alten Faden weiter.

    Am gestrigen 4. Oktober 2012 habe an einer interessanten Informationsveranstaltung zum aktuellen Planungsstand der Darssbahn teilgenommen.
    Eingeladen hatte die Fraktion der Partei Bündnis 90 / die Grünen im Kreistag Vorpommern/Rügen ( VR ) zu einer öffentlichen Fraktionssitzung in das Barther Bibelzentrum.

    http://www.gruene-vorpommern-ruegen.de/Detail.2350+M55ea4a900ae.0.html

    Die Veranstaltung wurde von der Bevölkerung sehr gut angenommen und der angekündigte Redner Matthias Horn erläuterte den aktuellen Sachstand anschaulich und ehrlich.

    Einführend muß gesagt werden, dass leider noch längst nicht alles in trockenen Tüchern ist.

    In der Region steht man voll zum Wiederaufbau der Bahn. Es gibt einen deutlichen Kreistagsbeschluss des Kreistages VR, der den Bau der Strecke voll unterstützt. Durch die Kreisgebietsreform, die das Land nunmehr nur noch in 6 Landkreise einteilt, steht sozusagen 1/6 des Landes zum Wiederaufbau der Strecke, auch wenn der Bund der Steuerzahler seine Bedenken sehr deutlich geäußert hat.

    Man rechnet in den aktuellen Gutachten nach der Verlängerung der Strecke bis Zingst mit täglich durchschnittlich 800 - 1200 Fahrgästen und hofft auf einen ähnlichen Aufschwung, wie es ihn bei der UBB auf Usedom gab, wo Mitte der 90er ca. 300000 Gäste prognostiziert wurden und heute 3 Mio Gäste jährlich die Bahn nutzen.

    Knackpunkt und größtes Problem ist der Brückenbau über den Meiningenstrom. Die alte Meiningenbrücke wurde im Frühjahr für den Straßen-, Fahrrad- und Fußgängerverkehr gesperrt. Das Drehteil bleibt ständig offen und die Brücke ist abgesperrt.
    Man ist sich bisher nicht einig darüber, wie die neue Brücke ausgeführt werden soll, denn die oben gezeigte Behelfsbrücke ist wieder nur ein temporäres Provisorium.

    Zunächst musste geklärt werden, wer überhaupt Eigentümer der alten Meiningenbrücke ist und ist zu dem Schluss gekommen, dass die Brücke, die sich im Zuge einer nach wie vor gewidmeten ehemaligen Eisenbahnstrecke befindet, nach wie vor Eigentum der Bahn ist und vom Land im Zuge der Landesstraße nur genutzt wird, das Land also nur Besitzer ist.

    Die favorisierte Variante für den Brückenbau ist das sogenannte Wolgaster Modell einer kombinierten Straßen- und Eisenbahnbrücke mit Klappbrücke. Das hat den Vorteil, dass im Zusammenhang mit dem Brückenbau nicht nur Mittel des Landes ( für die Straße ), sondern auch Bundesmittel ( für die Schiene ) eingeplant werden könnten. Die kombinierte Variante wäre also für das zuständige Land Mecklenburg-Vorpommern kostengünstiger zu errichten.

    Man hat sich aber nach wie vor noch nicht dafür entschieden und plant ebenfalls an getrennten Brückenbauten, die unter dem Strich aber deutlich teuerer werden würden, nicht nur für das Land, sondern im Falle der Realisierung der Darssbahn in Summe für alle.

    Im Zuge dieser Überlegungen kam auch eine dritte Variante ins Spiel, die aber aktuell eher nachrangig betrachtet wird. Gutachten aus dem Jahr 2001 bescheinigen den vorhandenen Brücken ( Kloerbrücke zwischen Pruchten und Bresewitz und Meiningenbrücke zwischen Bresewitz und Zingst ) eine ausreichende Tragfähigkeit für leichten Triebwagenverkehr mit verminderter ( Schritt )-geschwindigkeit nach einer entsprechenden Sanierung und Austausch des Drehteils gegen eine Klappbrücke. Ich denke aber, dass das realistischerweise eher als Notlösung betrachtet wird, denn beide Brücken zusammen sind ca. 1 km lang und auf dieser Distanz mit Schrittgeschwindigkeit zu fahren, dürfte das Projekt nicht unbedingt befördern.

    Derzeit gibt es hitzige und kontroverse Diskussionen mit dem Verkehrsministerium, das in dieser Angelegenheit ein seltsames Spiel spielt.
    Dieses Ministerium unter Minister Volker Schlotmann spielt im Moment keine rühmliche Rolle in dem Spiel.

    Man ist seitens der Planer bemüht, die Entscheidungen möglichst zu beschleunigen, weil sich die europäischen Förderrichtlinien in wenigen Jahren radikal ändern werden. Aber im Schweriner Verkehrsministerium steht man derzeit scheibar etwas auf der Bremse, ganz anders als im Wirtschaftsministerium, das im Falle der Bauarbeiten ebenfalls mit im Boot ist.
    Offizielle Planungen gehen noch immer von einer Realisierung bis 2016 aus, auch wenn das realistisch betrachtet nicht mehr zu schaffen ist.


    Fakt ist, dass durch reduzierte Bundeszuweisungen die Regionalisierungsmittel im Land gekürzt wurden und eine Finanzierung eines zukünftigen Verkehrs nach Zingst und in einer weiteren Etappe bis Prerow über die Regionalisierungsmittel nicht möglich ist, ohne in anderen Bereichen drastische Einschnitte vorzunehmen. Darum hat das Verkehrsministerium die UBB als zukünftig wahrscheinlichen Betreiber und derzueitigem Motor in der Planung und Realisierung vor die etwas seltsame Aufgabe gestellt, dem Land eine oder mehrere Strecken zu benennen, auf denen das Land den Verkehr abbestellen soll, um den Verkehr auf der Darssbahn zu finanzieren.
    Mit dieser Erpressung hoffte man wohl, die UBB von dem Projekt abzubringen.
    Die UBB reagiert erfreulicherweise aber ganz anders darauf und ist bereit, ohne zusätzliche Regionalisierungsmittel den Verkehr nach Zingst ( Prerow ) zu betreiben. Man rechnet auch in der Chefetage der UBB mit hohen Einnhamen auf der Darssbahn, die die fehlenden zusätzlichen Regionalisierungsmittel ausgleichen können. Das Land plant offiziell mit einem eher unattraktiven Zweistundentakt. Seitens der UBB und der Region geht man vom Stundentakt aus.

    Verschiedene Gutachten wurden bereits erstellt, die bisher eine Wirtschaftlichkeit knapp unter dem Faktor 1 ( Eigenwirtschaftlich ), bescheinigen. Die Werte liegen zwischen 0,92 und 0,98, also fast wirtschaftlich. Wie gesagt, verzichtet die UBB angesichts dieser Zahlen auch auf zusätzliche Regionalisierungsmittel und geht von einer wirtschaftlichen Entwicklung aus, sicher auch gestützt auf die positiven Erfahrungen auf der Insel Usedom.

    Seitens der teilnehmenden Anwohner kamen auch einzelne Bedenken, ständig geschlossene Schranken könnten das Verkehrschaos im Sommer noch verschärfen. Trotzdem herrschte auf dieser öffentlichen Fraktionssitzung eine deutliche Stimmung pro Darssbahn.

    Weil ich auf den Besuch dieser Veranstaltung nicht vorbereitet war und nur zufällig davon "Wind" bekam, hatte ich nichts zum Schreiben mit und konnte mir prognostizierte Kostenangaben nicht notieren.

    Von anwesenden Bürgern, aber auch den beteiligten Bürgermeistern aus Zingst, Prerow und Born wurde aber ein deutlich verbessertes Verkehrskonzept gefordert, das die Verknüpfung der Verkehrsträger und keine Parallelverkehre bedingt. Der Landkreis als Träger des ÖPNV ist bereit, die Fahrpläne von Bus und Bahn dann besser aufeinander abzustimmen, so dass sie sich ergänzen und nicht behindern.
    Aber auch Anschlussbeziehungen der Bahn auf den Umsteigebahnhöfen Velgast und Stralsund müssen verbessert werden.

    Bleiben wir neugieríg und hoffen, dass die Darssbahn wieder entsteht, auch wenn die aktuelle Entwicklung noch nicht allzu hoffnungsvoll stimmt.
    Die Region Fischland, Darss, Zingst als wichtiges Urlaubsziel in Vorpommern ist anders als Rügen oder Usedom nicht auf der Schiene zu erreichen.
    Ohne die Darssbahn ist auch die Strecke Velgast - Barth gefährdet, auch wenn das aktuell kein Thema ist. Die Auslastung der UBB-Triebwagen zwischen Stralsund und Barth entspricht nicht den Erwartungen und könnte womöglich das Ende der Strecke besiegeln.

    Es bleibt die Hoffnung, dass die bekannte Beharrlichkeit der UBB, des Landkreises VR und der Bevölkerung letztlich obsiegen.


    Viele Grüße

    Euer Dampf - Achim Rickelt