Rezensiert: Mit der elektrischen Extertalbahn von Rinteln nach Barntrup

  • Allen, die ihr Weihnachtsgeld noch nicht verbraten oder den Büchergutschein noch nicht eingelöst haben, sei hier ein kleiner Hinweis gegeben:

    [SIZE=2]Ludger Kenning:
    Mit der elektrischen Extertalbahn von Rinteln nach Barntrup[/SIZE]

    224 Seiten im Format 25x21 cm gebunden, 323 Fotos, davon 50 in Farbe, 14 Tabellen, 23 Skizzen,
    Verlag Kenning, Nordhorn 2013
    ISBN 978-3-944390-01-7, Preis: 34,95 €


    Zweifellos zählt die Extertalbahn zu den beliebtesten Kleinbahnbetrieben in Nordwestdeutschland - verbindet sie doch (eisenbahn-)technische Besonderheiten und einzigartige Fahrzeuge mit den landschaftlichen Reizen des lippischen Berglandes und war daher nicht umsonst ein beliebtes Ausflugsreisemittel.

    Bisher griff der an der Extertalbahn interessierte Kleinbahnfeund zu den beiden Büchern von Ingrid und Werner Schütte aus dem Hause Uhle & Kleinmann oder zum entsprechenden Band der Wolff´schen "Deutschen Klein- und Privatbahnen". In diesen Reigen gesellt sich seit diesem Jahr das hier besprochene Buch aus Nordhorn.

    Noch vor dem ersten Aufschlagen wird der Leser erfreut die Beibehaltung des neuen, schon vom "Pollo-Buch" bekannten 25x21cm-Formats feststellen. Somit bildet auch dieses Buch im Bücherschrank mit den älteren Titeln der grünen Reihe "Nebenbahndokumentation" eine optische Einheit, bietet aber gleichzeitig spürbar mehr Raum für die Wiedergabe nichtquadratischer Fotos - und wie wir noch feststellen werden, war dieser Platz auch dringend nötig.

    Inhaltlich bietet das Buch alles, was man von einer Streckenmonographie erwartet: Beginnend mit ausführlichen Schilderungen der Strecken-Projektierung und der verschiedenen Bahnbauetappen spannt der Autor in sehr flüssigem Stil den Bogen über die ersten Betriebsjahre, die schwierige Kriegszeit und den zähen Neuanfang mit zunächst bescheidenem, jedoch bald zunehmendem Ausflugsverkehr bis zum schrittweisen Niedergang der Strecke und dem heutigen Museumsverkehr.
    Dies alles wird gewürzt durch ungewöhnlich viele zeitgenössische Zitate und Kommentare aus Zeitungen, Reiseführern und Geschäftsberichten, wodurch ein sehr umfangreiches und lebendiges Bild dieser Eisenbahn gelingt, ohne dass sich der Leser von eher nebensächlichen Details gelangweilt fühlt.
    Es fehlen weder Übersichtskarten noch Streckenprofil und die mit dem Text korrespondierende Faksimiles mehrerer Fahrpläne und Angaben zu Beförderunsmengen veranschaulichen die Entwicklung der Transportleistung auf der Extertalbahn.

    Obligatorisch ist das Kapitel über den Fahrzeugeinsatz, welches zu sämtlichen Triebfahrzeugen eine kurze Beschreibung mit technischen Daten und gegebenenfalls dem weiteren Verbleib enthält. Der Verzicht auf Zeichnungen (mit Ausnahme einer Maßskizze der Großraumtriebwagen) fällt angesichts der Illustration dieses Kapitels mit aussagekräftigen Aufnahmen aus unterschiedlichen Blickwinkeln und in sämtlichen Betriebszuständen nicht ganz so schwer. Die Neben- und Museumsfahrzeuge und die wenigen eigenen Wagen werden ebenfalls kurz in Bild und Wort vorgestellt.

    Ein eigenes, bildgewaltiges Kapitel widmet sich der Streckenbeschreibung: Eine gelungene Mischung aus unzähligen Bildern, Gleisplänen und wahrlich gehaltvollen, mit großer Sachkenntnis zusammengestellten Bildunterschriften (deren Inhalt weit über die üblichen Allgemeinplätze und pure Beschreibung der Abbildung hinausgeht und damit den eigentlichen Fließtext trefflich ergänzt - Bravo!) macht auch dem ortsunkundigen Lesern eine Bahnfahrt zwischen Rinteln und Barntrup erlebbar.

    Überhaupt überzeugt das Buch ganz besonders durch die wirklich außergewöhnlich umfangreiche Bebilderung: Was der Autor an hochinteressantem und bisher überwiegend unveröffentlichtem Bildmaterial zusammengetragen hat, lässt Kleinbahnfreunden - auch solchen, die bisher wenig Berührungspunkte mit der Extertalbahn hatten - das Herz höher schlagen!
    Gerade bei den wunderschönen Aufnahmen der Stadtdurchfahrt Rinteln lohnt sich eine Entdeckungsreise mit der Lupe - man wird viele interessante Details ausmachen können. Etliche Aufnahmen, die man aus o.g. Büchern nur in recht kleinem Format kennt, kann man nun auch in einer angenehmen, häufig formatfüllenden Größe betrachten. Die Wiedergabequalität ist durchweg brillant, denn sämtliche Fotos wurde sorgfältig und behutsam(!) nachbearbeitet und wirken sehr ausgewogen - man sieht, dass der Autor selbst begeisterter Hobbyfotograf ist.

    Aus der Vielzahl an Fotos erwächst aber auch ein kleiner Mangel des Buches - eigentlich ein Luxusproblem - denn um die Vielzahl an Bildern unterzubringen mussten Kompromisse bei der Seitengestaltung eingegangen werden. Dies führt dazu, dass einigen kleineren Fotos die Ecken gestutzt wurden und der so entstehende Raum z.B. zur Unterbringung einer Bildunterschrift oder eines Gleisplans genutzt wurden. Natürlich wurden niemals bildwichtige Motivbestandteile abgeschnitten, so dass die Aussagekraft der Bilder nicht beeinträchtigt wird - trotzdem werden sich Ästheten an diesem mitunter etwas gedrängtem Layout und den angeschnittenen Fotos stören.
    Lobenswert ist dagegen die Tatsache, dass die Gleispläne nicht als Anhang ans Ende des Buches verfrachtet wurden, sondern sich in direkter Nachbarschaft zu den zugehörigen Fotos befinden und dem Leser damit lästiges Hin- und Herblättern ersparen.


    Fazit: In gewohnter Manier liefert Ludger Kenning eine ausgezeichnete Streckenmonographie, an der Kleinbahn- und Heimatfreunde sicher ihre Freude haben werden und die auch Lesern der eingangs genannten Bücher viele neue Informationen und v.a. Fotos liefert.
    Aber auch Eisenbahnfreunde, deren Horizont über ihr bevorzugtes Spezialthema hinausgeht, sollten die Anschaffung schon allein der wirklich prächtigen Fotos wegen in Betracht ziehen.

    Einmal editiert, zuletzt von 91 6477 (28. Dezember 2013 um 21:42)