Als 99 4631 noch dampfte - oder: Bf. Göhren, wie hast Du Dich verändert!

  • Liebe Bimmelbahnfreunde,

    während der Weihnachtsfeiertage ergab sich einmal mehr die Gelegenheit, in alten Familienfotos zu stöbern. Zutage gefördert wurde dabei auch eine kleine Schachtel mit Dias, beschriftet mit „Ostsee 1975 - 1979“. Neben den obligatorischen Fotos von spielenden Kindern am Strand, fanden sich auch einige wenige, dafür umso schönere Schätze!
    Auf vier Dias wurde das Umsetzen von 99 4631-0 im Bahnhof Göhren festgehalten. Der Satz meiner Mutter: „Eigentlich müssten da noch viel mehr Bilder sein...“ ließ mich hoffen, hat sich aber bis jetzt leider nicht bewahrheitet...
    Eine genauere zeitliche Einordnung als „Ende der 1970-er“ ist nicht mehr zu ermitteln, wir waren damals beinahe in jedem Jahr auf Rügen im Urlaub. Entstanden sind die Dias wahrscheinlich mit einer Beirette, einem schrecklichen Zelluloid-Vernichter. Entsprechend stellt sich die Qualität dar... Aber um die Veränderungen im Bahnhof Göhren zu dokumentieren, reicht es allemal und die vier Aufnahmen möchte ich euch nicht vorenthalten! Lange habe ich überlegt, ob ich gleich in schwarz/weiß scanne - ich habe mich aber dann doch für farbige Scanns entschieden.

    Bild1:
    Beginnen wir mit dem Umsetzen der kleinen Dame nach Ankunft im Bahnhof Göhren. Das kurze Ausziehgleis ließ gerade genug Platz, um die Weiche frei zu fahren. Lenz-Oberbau in Sandbettung bestimmte damals neben den vielen großen Laubbäumen das Bild auf der östlichen Seite des Bahnhofs Göhren.

    Bild 2:
    99 4631-0 hat das kurze Ausziehgleis bereits wieder verlassen und rollt vor dem Bahnhofsgebäude in westliche Richtung, um Kohle und Wasser zu fassen. Das Fehlen der oberen Laterne des Spitzenlichtes lässt die Front der Vulcan-Lok noch zierlicher erscheinen. Als erstes Fahrzeug hinter 99 4631-0 erreichte der KB4trp 970-810 den Bahnhof Göhren. Die Schlussscheiben für die Rückfahrt nach Putbus stecken bereits und der begehrte Platz auf der letzten Bühne scheint auch schon vergeben...
    Der Zustand des 970-810 datiert die Aufnahme auf spätestens Sommer 1979, da er anschließend bis April 1980 in Perleberg umgebaut wurde. Näheres siehe: Kenning/Rickelt; Kleinbahnreise über die Insel Rügen, Band 1, Seiten 290/291.

    Bild 3:
    Auf dem westlichen Bahnhofsteil präsentiert sich die 99 4631-0 auch einmal in der Sonne! Kein „Regenbogen-Event-Campingplatz“ mit Parkplätzen und Müllcontainern, stattdessen wohltuend viel Natur.

    Bild 4:
    Nach dem Bekohlen und Wasserfassen war die Sonne wieder verschwunden, als 99 4631-0 wieder an ihren Zug setzt, um diesen zurück nach Putbus zu bringen. Als erster Wagen in Richtung Putbus ist der 1895 in Görlitz gebaute KPw4i 974-471 als Packwagen eingestellt.
    Bei: Kenning/Rickelt; Kleinbahnreise über die Insel Rügen, Band 1, Seite 250, findet sich eine Aufnahme des Wagens vom 17.08.1979. Auf dieser sind die Anschriften allerdings an anderer Stelle angebracht, was darauf hinweisen könnte, dass mein Bild spätestens 1978 aufgenommen wurde.

    Ich hoffe, die Qualität der Bilder ist angesichts ihres Alters akzeptabel und ich habe euch nicht gelangweilt. Eine Menge hat sich seitdem in Göhren verändert. Geblieben ist die Möglichkeit, auch heute noch mit der Kleinbahn dort anzukommen oder abzufahren - Danke!
    Mit den herzlichsten Grüßen für ein gutes, glückliches und dampfreiches 2015,

    Thorsten Reichelt


    PS: Achim und Ludger, ich freue mich auf den 2. Band der "Kleinbahnreise über die Insel Rügen"!

  • Hallo Thorsten,

    sehr schöne Zeitdokumente und gut das du diese in Farbe eingescannt hast.
    Eine Frage hätte ich zu der letzten Aufnahme:

    Man erkennt links neben dem Schuppen einen Prellbock, liegt das Gleis hinter diesen oder hat man den einfach stehen gelassen?

    Richtige Kleinbahnatmosphäre, nicht mit diesen Straßenbahn Bahnsteigen ;)

    Viele Grüße Ronny

    Viele Grüße Ronny :huhu:

  • Hallo Thorsten,

    auf den 2. Band musst Du noch etwas warten, aber es geht voran. Vorfreude ist aber bekanntlich die schönste Freude.

    Dass 99 4631 in Göhren bekohlt wurde, kann ich mir kaum vorstellen. Allerdings sieht es angesichts des hohen Kohlebergs im Kohlekasten so aus. Möglicherweise wurde gerade an der Strecke gebaut, so dass tagsüber tatsächlich von Hand in Göhren bekohlt wurde. Kannst Du Dich daran genauer erinnern? Die Lok setzt ja über Gleis 1 um. Stand auf dem Ladegleis ein Ow mit Kohle?


    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo Thorsten,

    vielen Dank für diese Schätzchen. Es ist doch schön, daß immer wieder mal etwas Neues aus der alten Zeit auftaucht...
    Leider wird bei mir sowas nicht mehr vorkommen, denn obwohl ich als Kind ja auf der Insel gewohnt habe kann ich mich nicht erinnern, jemals mit dieser Bahn gefahren zu sein. Somit gab es auch keine Fotos. Ich bin zwar letztes Jahr zu einigen Familienfotos aus der alten Zeit gekommen (aus der Verwandschaft), aber nix Bahn, bis auf eins, das aber irgendwo entstanden ist (vermutlich zur Zeit des ersten Weltkrieges oder so, jedenfalls wurde da noch mit Pickelhauben marschiert). :)

    Gruß

    Carsten

    Einmal editiert, zuletzt von Dieselkutscher (4. Januar 2015 um 19:56)

  • Hallo Ronny, Hallo Achim, Hallo Carsten,

    schön, dass es gefällt und danke für eure Rückmeldungen.

    @ Ronny: Der Bahnhof Göhren besaß früher einen 2-gleisigen Lokschuppen mit 2 Ständen, der in den 1940-er Jahren abbrannte. Ich vermute, dass der Prellbock auf dem ehemals rechten Lokschuppengleis vor dem neu errichteten Lokschuppen errichtet wurde. Das Gleis führte unmittelbar vor dem Kohleschuppen vorbei. Der graue Fundamentrest aus Beton, an welchem die Mülltonne und die Schaufeln für die Schlacke stehen, stand zwischen beiden früheren Lokschuppengleisen.
    Mit den "Straßenbahnbahnsteigen" habe ich längst meinen Frieden gemacht. Immerhin leben wir im Jahr 2015 und die Touristen sichern den Fortbestand der Rügenschen Bäderbahn als täglich dampfendes Nahverkehrsmittel!

    @ Achim: Erinnerungen an damals habe ich leider überhaupt nicht - ich bin Baujahr 1970.
    Wir hatten damals kein Auto und die Eisenbahn war fester Bestandteil unseres Lebens. Mein Vater war Lokomotivführer - Eisenbahnfahren war alltäglich. Das Fotografieren von Lokomotiven und Bahnanlagen leider nicht!
    Ich habe beim Scannen und Bearbeiten der Dias auch darüber gestaunt, dass der Zug in Göhren auf Gleis 2 einfuhr und 99 4631 über Gleis 1 umsetzte.
    Ob ein Kohleladen auf dem Ladegleis möglich war - ich weiß es nicht. Die nördlich liegenden Gleise und der Lokschuppen konnten bei dieser Konstelation jedenfalls nicht angefahren werden. Dafür war der Wagenzug zu lang, wie unschwer zu erkennen ist.
    Kohle wurde aber geladen, der Inhalt des Kohlekastens zeigt dies deutlich.
    In einem Fotoalbum war ein kleines Schwarz/Weiß-Foto eingeklebt, das 100 901 im Bahnhof Binz zwischen Schotter- oder Kiesbergen zeigt, was durchaus für eine Streckenunterbrechung im Zuge der Sanierungen in den späten 1970-er Jahren sprechen könnte. Das Negativ dazu habe ich noch nicht gefunden...

    Zitat

    auf den 2. Band musst Du noch etwas warten, aber es geht voran. Vorfreude ist aber bekanntlich die schönste Freude.


    Richtig, Vorfreude ist die schönste Freude! Und wie Konfuzius schon sagte: "Gut' Ding will Weile haben!"

    @ Carsten: Ich dachte auch, dass ich alle Familienfotoalben und alles was dazu gehört, schon mehrmals gesichtet habe. Eigentlich hatte ich etwas ganz anderes gesucht aber nicht gefunden.
    Als ich Kind war, sind wir immer in Schaprode im Urlaub gewesen. Seit vielen Jahren fahren wir nun nach Udars, einige Einheimische sind auch immer wieder erstaunt, dass es auf der Insel noch eine Schmalspurbahn gibt, mitgefahren sind die Wenigsten! Die Älteren können sich noch an so manche Begebenheit mit der Strecke Bergen - Wittower Fähre erinnern, mit deren Stilllegung verschwand auch der Rest aus dem Bewusstsein...
    Wenn ich dann im März für ein paar Tage nur mit meinem Sohn, ohne Frau und Tochter, in Udars auftauche, wissen die meisten, dass es was mit der Eisenbahn zu tun haben muss! Dann steht die Jahreshauptversammlung des "Fördervereins zur Erhaltung der Rügenschen Kleinbahnen" an... Ich freu' mich schon drauf!


    Herzliche Grüße,

    Thorsten

  • Hallo,

    Kohle nehmen vom Ladegleis würde ich als Außenstehender ausschließen wollen, denn wenn man das vorletzte Bild betrachtet, dann ist die Lok dort mit leerem Kohlekasten schon fast am Ende von Gleis 1 angekommen, die Aufnahme der Kohle müsste also irgendwo zwischen Bild 3 und Bild 4 quasi an der Bahnhofseinfahrt passiert sein.

    Gruß Michael

    26305-signatur-def-jpg

  • Hallo Michael,

    nein, Du hast Dich leicht verfahren.
    99 4631 ist auf Bild 3 unmittelbar vor der Weiche 2 angekommen. Das Ladegleis liegt im Vordergrund. Man musste also nur noch die Gleissperre und die Weiche 2 aufschließen und konnte rückwärts in das Ladegleis einfahren, wo ggf. ein Ow mit Kohle oder auch ein Kohlehaufen, vielleicht sogar ein Förderband wartete. Um an den Wasserkran und an den Zug zu kommen, muss die Lok dann bis fast zum Bü am Zeltplatz (den gab es ja damals auch schon, aber kleiner) vorziehen, um über Gleis 2 an den Zug zu kommen.

    @Thorsten: Die Situation, zusammen mit Deiner Erinnerung an eine Köf in Binz, spricht dafür, dass tatsächlich die Rekonstruktion zwischen Putbus und Binz im Gange war. In Binz konnte damals ja noch mit Elevator Wasser genommen werden.


    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo Achim,

    ok, ich war insofern falsch, dass ich gedacht habe man hätte vom Ladegleis aus die in Gleis 1 stehende Lok bekohlt. Wenn aber üblicherweise in das Ladegleis zurückgestoßen wird und dann die im selben Gleis stehende Lok bekohlt wird, dann nehme ich alles gesagte zurück und behaupte das Gegenteil. ;)

    Gruß Michael

    26305-signatur-def-jpg

  • Hallo Thorsten!
    Dank für die interessanten Fotos und besonders für den Hinweis bzgl. 974-471. Auf meinen Fotos vom Frühjahr 1978 ist die Beschriftung noch an der Wagenecke, auf unseren Fotos vom Sommer 1979 ein Feld davor.
    Viele Grüße
    Ludger

  • Ronny: Das Gleis vor dem Kohlenschuppen lag damals noch, auch auf Fotos vom Sommer 1979 ist es zu sehen. Somit hatte der Prellbock durchaus eine Daseinsberechtigung.